Immer wieder werden Klänge sorgsam betrachtet und in ihre Bestandteile zerlegt, um dann daraus eine neue Welt zu entwickeln. Denn diese Komponenten stehen nicht nebeneinander, sondern werden durch Übergänge und Abstufungen miteinander verbunden. Und daraus kann Kaija Saariaho dann wieder etwas Neues erschaffen. Dabei haben ihre Kompositionen immer eine Spannbreite, aus der heraus man das zarte erste Licht der aufgehenden Sonne nach der Winternacht ihres Geburtslandes ebenso wie das emsige Treiben ihrer Lebensmitte Paris heraushören mag. Jedenfalls ist ihre Musik immer kraftvoll und persönlich im Ausdruck, aber durchscheinend und filigran in der Struktur.
Dabei geben sich Saariahos Kompositionen jedoch nicht unnahbar oder verflüchtigen sich, sondern zeigen eine berührende Präsenz. Das kann man auch wieder in den drei hier eingespielten Werken erhören. Der Vokalzyklus True Fire, das Orchesterwerk Ciel d´hiver sowie das Harfenkonzert Trans, erweitern damit auch ihren Kanon der Kompositionen für Soloinstrumente.
Um für den Bariton Gerald Finley das Spektrum zu öffnen, wählte Saariaho für den Vokalzyklus True Fire sechs Texte von Ralph Waldo Emerson, Seamus Heaney sowie Mahmoud Darwish und überlieferte Worte der Tewa, Pueblo Indianern aus dem heutigen New Mexico. Diese sehr unterschiedlichen sprachlichen Vorgaben kamen erst dazu, als sie schon die musikalischen Ideen vertieft hatte, so dass sie sozusagen umgekehrt komponieren musste. Entstanden ist eine reiche prismatische und filigrane Klangpalette. Die in True Fire gleich zu Beginn anklingenden Harfen-Arabesken finden ihren Widerhall dann in dem konventionell dreisätzigen Harfenkonzert Trans.
Mit Flötenarabesken, die asiatisch anmuten und einem dichten und gleichwohl leuchtenden Orchestergewebe ist Ciel d’hiver aus unserer Zeit und changiert gleichzeitig noch zwischen französischer und asiatischer Musik.
Die beiden Solisten setzen die an sie gestellten Anforderungen mustergültig um. Finley nutzt die sich ihm bietenden Möglichkeiten gekonnt aus, um jedem Text einen anderen Charakter zu geben. Das wird auch in dem Konzertmitschnitt deutlich. De Maistre setzt mit sensiblen Fingern die mikroskopisch feinen Farbverästelungen des Konzertes in erspürbare Töne um. Ebenfalls nicht zu vergessen ist der vom Finnischen Radio-Sinfonieorchester unter Leitung seines Chefdirigenten Hannu Lintu beigesteuerte Ensemblebeitrag, der ebenso spannungsvoll das Gesamtbild zusammenhält wie im Detail sorgfältig ausformuliert ist. Die technische Realisierung lässt ebenfalls keine Wünsche offen.