(Alain Steffen) Dieser Live-Mitschnitt ist ein wahrer Ohrenschmaus: Christoph König und sein Orchester ‘Solistes Européens Luxembourg’ haben unter dem Titel ‘Space Odyssey’ zwei Werke zusammengestellt, die einen hohen Repertoirewert besitzen: Zum einen Roland Wiltgens Werk ‘Orbital resonances’, das vom luxemburgischen Kulturministerium in Auftrag gegeben wurde, zum anderen Gustav Holsts ‘The Planets’ op. 32.
Wiltgens Werk bietet alles, was man sich von guter zeitgenössischer Musik erwartet: tolle Klangspielereien, Innenspannung, Dynamik, orchestraler Farbenreichtum und ein exaktes Timing sowie eine wohl ausbalancierte Struktur.
Gustav Holsts ‘The Planets’ ist – wenn es überhaupt aufgeführt wird – eher ein Show-Stück für großbesetzte Symphonieorchester. Allerdings, und das beweist diese Aufnahme, gewinnt das Werk an Klarheit, wenn es von einem kleiner besetzten Orchester wie den SEL gespielt wird. Alles wirkt ausgewogener, was insbesondere den langsamen und fein orchestrierten Teilen entgegenkommt, während der gewaltige Mars auch in dieser Besetzung immer noch genug orchestrale Kraft und Aggressivität verströmt.
Christoph König dirigiert beide Partituren mit sicherem Gespür für klare Linien und eine differenzierte Architektur, aber auch für einen wunderbar fließenden musikalischen Ablauf und schöne Klangfarben. Die SEL befinden sich in Hochform und geizen nicht mit einem klangintensiven, transparenten und sehr präzisen Spiel. Der ‘Choeur de Chambre de Luxembourg’ klingt im Schlussteil ‘Neptun’ für mein Empfinden etwas sauer, was den exzellenten Gesamteindruck dieser auch tontechnisch vorzüglichen CD aber nicht schmälert.
(Uwe Krusch) Zum Glück wird die Aufnahme ihrem übergreifenden Titel ‘Space Odyssey’ nicht gerecht, denn eine Irrfahrt durch das All kann man wirklich nicht feststellen. Aber das sollte einem Orchester mit dreißig Jahren Geschichte auch nicht passieren. Auf dieser Aufnahme werden eine Uraufführung des Werkes ‘Orbital Resonances’ des luxemburgischen Komponisten Roland Wiltgen und eines der Paradestücke der großen Orchesterliteratur, ‘The Planets’ von Gustav Holst, vorgestellt.
Wiltgen geht einem metrischen Aspekt auf die Spur. In der Himmelsmechanik wird als Orbitalresonanz die Beziehung meist zweier Himmelskörper zueinander bezeichnet, die auf ihren Kreis- oder Ellipsenbahnen einen regelmäßigen, periodischen Einfluss auf die Schwerkraft des jeweils anderen ausüben, normalerweise, weil ihre Umlaufzeiten durch ein Verhältnis kleiner Ganzzahlen miteinander verbunden sind. Wiltgen stellt die wiederholte Annäherung und Abstoßung beispielsweise einer Sonde an einen anderen Himmelskörper dar, bis es irgendwann endgültig zu einer Entfernung kommt.
Die ‘Orbitalresonanzen’ entfalten in gut zwölf Minuten moderat moderne Klangerlebnisse. Während am Beginn beim Zerren der beiden Himmelskörper miteinander auch harsche Dissonanzen ertönen, werden die Bahnen dann in ruhigere Orbitale sortiert, so dass die Entwicklung nicht mehr auf Kollisionskurs zielt. Während die Streicher vor allem mit perkussionistischen und rhythmischen Aufgaben betraut sind, dürfen die Bläser sich mit prominenten Äußerungen hervortun. Dieses Werk erfährt im Vergleich zu den ‘Planeten’ eine deutliche prägnantere und kantigere Darstellung. Diese bekommt dem Werk sehr gut, so dass es in positiv Erinnerung bleibt.
Die Suite von Holst schafft ein großsymphonisches Charakterbild der zur Entstehungszeit bekannten sieben Planeten unseres Sonnensystems unter astrologischen Gesichtspunkten. So wird der Mars als Kriegsbringer dargestellt und die Venus als Friedensbringerin.
‘Die Planeten’ erfahren eine klar und durchhörbar gestaltete, warmzeichnende Interpretation. In Anbetracht dessen, dass Holst das Werk für ein groß besetztes Orchester geschrieben hat, sind die ‘Solistes Européens’ mit kleiner Streicherbesetzung primär nicht der angesprochene Klangkörper. Allerdings macht Dirigent König aus diesem Umstand das Beste. Er und seine Musiker erzählen in gemessenen Tempi und auf ein rundes Klangbild setzenden Ausgestaltungen die astrologisch den Planeten zugeordneten Eigenschaften. Das klingt sehr schön. Wenn man auch andere Auffassungen kennt, insbesondere die großer Klangkörper, dann zeigen sich die Unterschiede. Etwa gleich beim Mars wird oftmals die rhythmische Prägnanz und Härte der collegno spielenden Streicher dort sozusagen kriegerischer dargestellt. Die Venus oder auch Neptun erfahren dagegen entrücktere Wiedergaben. Die Beurteilung hat natürlich auch mit persönlichem Geschmack zu tun, aber mir fehlen hier die extremeren Sichten.
Ein Lapsus hat sich beim dreisprachigen Text der Beilage eingeschlichen. Bei Holst hat der französische Text zwei Überschriften, der deutsche nur noch eine, der englische keine. Und der deutsche Text endet in einer Zeile ohne Punkt und Komma und es geht in der Folgezeile Englisch weiter. Wenn man sich schon die Mühe macht, je nach Sprache eigene Erläuterungen zu formulieren, dann ist es schade, dass die so untergehen.