Die Uraufführung von Rimsky-Korsakovs letzter Oper ‘Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch’ 1907 am Mariinsky-Theater in St. Petersburg brachte dem Komponisten bloß einen Achtungserfolg. Etliche Musikkritiker sahen in der Oper lediglich einen misslungenen Versuch, Wagners ‘Parsifal’ nachzuahmen. Doch die Oper des Russen ist letztlich mit ‘Parsifal’ nicht wirklich zu vergleichen, musikalisch sicher gar nicht und thematisch auch nicht, denn hier geht es nicht um die Erlösung der Menschheit, sondern um die Suche nach irdischem Glück, so wie es die Eremitin Fevronija in harmonischer Einheit von Mensch und Natur lebt.
Diese Welt gerät in Gefahr, als sie den Prinzen Vsevolod heiratet, und feindliche Invasoren in ihre heile Welt eindringen. Nach den schönen Naturbildern des ersten Aktes spielt der zweite Akt in der Stadt, in einem grauen Gebäude, in dem sich eine sozial sehr gemischte Gemeinschaft von Einwohnern zusammengefunden hat. Regisseur Dmitri Tcherniakov hat die Handlung in die Zeit nach dem Sowjetkommunismus verlegt, und wenn Invasoren über Kitesch hereinbrechen, denkt man unweigerlich an die Terrorakte der Tschetschenen. Der dritte Akt der Oper spielt in einem Raum, wo sich die Bevölkerung, Verletzte und Unverletzte, zurückgezogen hat. Auf Geheiß Fürst Juris beten alle zur Heiligen Jungfrau, dass sie die Stadt von dem Unheil bewahre. In einem Gefangenenlager betet Fevronya ihrerseits zu Gott, ein Wunder geschehen zu lassen und die Stadt Kitesch unsichtbar zu machen. Ihr Glaube an das Gute und an die Kraft der Natur führt sie im letzten Akt in die heile Welt ihres Eremitenhäuschens zurück.
Die bild- und aktionsreiche Inszenierung – ein Geniestreich Tscherniakovs – trägt wesentlich dazu bei, Rimsky-Korsakovs Werk aufzuwerten, und packendes Musiktheater daraus zu machen. Freilich ist auch für die musikalische Umsetzung der Partitur alles gegeben, das diese braucht, um des Komponisten Intentionen gerecht zu werden.
Die Sänger sind vorzüglich. Mit ihrer kräftigen Sopranstimme singt Svetlana Ignatovitch die anspruchsvolle Partie der Fevronya ebenso sicher wie engagiert. Sie überzeugt auch darstellerisch in allen Szenen. Maxim Aksenov ist ein sehr guter Sänger für die Rolle des Prinz Vsevolod. Seine baritonal gefärbte Tenorstimme wird allen Anforderungen der Rolle gerecht. John Daszak ist genau so hervorragend in der Rolle des Grishka.
Im Orchestergraben sorgt Marc Albrecht für einen opulenten Orchesterklang, der in glühenden Farben spannungsvoll und atmosphärisch zum Rückgrat des Ganzen wird.
Dmitri Tcherniakov’s staging of Rimsky-Korsakov’s ‘The Legend of the Invisible City of Kitezh’ is a masterpiece, and on the musical side there is no less power under the inspired baton of Marc Albrecht. For anyone who does not know this outstanding and certainly underrated work, this video is a must-buy.