Im Rahmen einer kleinen Tournee gastierten die Bamberger Symphoniker als frischgebackene Gewinner der International Classical Music Awards in der Philharmonie Paris, im Wiener Konzerthaus und im Festspielhaus Baden-Baden, wo Pizzicato-Mitarbeiter Alain Steffen das Orchester hörte.
Im Gepäck der Bamberger, die diesen Preis für die weltweit erste vollständige Einspielung aller drei Fassungen der Symphonie Nr. 4 von Bruckner erhalten haben, befanden sich die 2. und die 9. Symphonie von Gustav Mahler. In Baden-Baden kam Mahlers Zweite mit der Wiener Singakademie und den Solistinnen Christina Landshammer, Sopran und Anna Lucia Richter, Mezzosopran (kurzfristig eingesprungen für die erkrankte Wiebke Lehmkuhl, zur Aufführung, dies in der Fassung mit einer leicht reduzierten Bläserbesetzung von Gilbert Kaplan und Rob Mathes (2013). Zugelassen waren wegen den Corona-Bestimmungen nur 750 Zuhörer.
Und die erlebten eine in allen Punkten überragende Aufführung. Die Bamberger Symphoniker präsentierten sich dabei als erstklassiger Klangkörper, der ohne Zweifel zu den besten in Europa gehört. Vor allem Jonathan Nott ist es zu verdanken, dass dieses traditionsreiche, aber doch im Vergleich zu anderen, recht junge Orchester in der oberen Liga mitspielen kann. Ganz neue Impulse kommen nun von Jakub Hrusa, seit nunmehr fünf Jahren Chefdirigent der Bamberger und einer der vielversprechendsten und talentiertesten Dirigenten der jüngeren Generation. Und Hrusa überraschte mit einer wunderbar ausgewogenen und detailreichen Interpretation. Statt Spektakel gab es hier Musik. Expressive Ausbrüche à la Bernstein oder Soltis knallig-scharfe Effekte suchte man vergebens, genauso wie Boulez kühle Zurückhaltung. Ich würde Hrusa hier eher in der Linie eines Rafael Kubelik, Bernard Haitink oder Michael Tilson Thomas sehen, also von Dirigenten, die ein rundes, vom böhmischen Farben beeinflusstes Klangbild anstreben, mit fließenden Melodien, Momenten der Stille, feinster Detailarbeit und einem natürlichen, unaffektierten Atem. Überhaupt brachte Hrusa es immer wieder fertig, die Musik quasi zum Stillstand zu bringen und Pausen von intensiver Innenspannung zu schaffen. Dynamik und Tempisteigerungen wirkten ausgewogen und klar überlegt, für jeden musikalischen Abschnitt, jeden Satz fanden Hrusa und die exzellenten Bamberger den exakten Ton. Veredelt wurde ihre schlüssige und ergreifende Interpretation von der hervorragenden Wiener Singakademie und den beiden sehr expressiv und wortverständlich phrasierenden Solistinnen Christine Landshammer und Anna Lucia Richter.