Die Tenorstimme von Ilker Arcayürek besitzt Eigenschaften, von denen jeder Sänger profitieren kann: einen schönen, gepflegten Ton in Verbindung mit einer starken Technik, einen Klangreichtum, der sich von der Kopfstimme bis in die tiefe Lage bemerkbar macht, und vor allem eine hervorragende Artikulation und die daraus erwachsende Ausdrucksfähigkeit im Umgang mit dem Text. Er gehört mithin zu einem Sänger-Typus, der den Text mit Leben erfüllen kann, der sich nicht nur als Sänger, sondern als Erzähler sieht. Jedes Lied auf dieser CD wird sehr charakteristisch interpretiert, denn Arcayürek singt mit innerer Beteiligung und entsprechend intensiver Darstellung.
In den Mahler-Liedern, den vier Liedern eines fahrenden Gesellen, dem Frühlingsmorgen (das irrtümlich im Booklet als 5. Lied dieses Zyklus aufgelistet wird) und dem am Schluss erklingenden ‘Ich bin der Welt abhanden gekommen’ aus den Rückert-Liedern kann der Tenor die Musik poetisch vergeistigen. Er legt sehr erfolgreich weniger Wert auf die Theatralik der sängerischen Gebärde (wie z.B. sein Kollege Christoph Prégardien) oder auf Dramatik. So wird der Schluss von ‘Ging heut’ morgen über’s Feld’ in seiner Intimität absolut bezaubernd, was den Kontrast zum ‘Glühenden Messer’ noch wirkungsvoller macht.
Fiona Pollak begleitet engagiert, mit bemerkenswerter Präsenz, fein differenzierend und atmosphärisch dicht.
Genauso sicher bewegt sich Arcayürek in den leicht-charmanten Lehar-Liedern, dem Wiegenlied von Ilse Weber sowie der bewegend vorgetragenen, leidenschaftlichen Elegie von Stefan Hristic und der viel reflektiveren von Milojevic.
In den Brahms-Liedern zeigte Arcayüreks Interpretationsstil Autorität und Integrität. Hier entsteht eine echte Legatolinie, die den dem Text innewohnenden Geist der Reflexion wunderbar wiedergibt.
In Mahlers Rückert-Lied wird mit der oben schon angesprochenen geistigen Vertiefung ein Maximum an Stimmung wird erreicht. Außergewöhnlich ist vor allem, wie diese Stimmung von Anfang an in einer langen Steigerung verdichtet wird, ohne dass der Diskurs je an Natürlichkeit verlieren würde. Eine herausragende Leistung!