Krzysztof Warlikowski ist bekannt dafür, zu provozieren, aber es gelingen ihm damit (hin und wieder) ganz tolle und spanende Inszenierungen. Das gilt für diese Produktion der Pariser Oper, die 2015 unter der musikalischen Leitung von Esa-Pekka Salonen über die Bühne ging.
In einem sehr abstrakten Bühnenbild gelingt dem Regisseur eine beeindruckende Studie menschlichen (Fehl)-Verhaltens.
John Relyea singt die Titelrolle souverän und ausdrucksvoll. Der Rolle der hier rothaarigen Judith gibt Warlikowski einen sexbesessenen Charakter. Ekaterina Gubanova ist darstellerisch stark und stimmlich verführerisch. Salonen bringt den Orchesterpart mit scharfer Klarheit grandios zur Wirkung.
Ein Auszug aus Cocteaus Film ‘La Belle et la Bête’ verbindet die beiden Opern.
In Poulencs ‘Voix humaine’ wird das Telefon nicht benutzt. Es bleibt während der ganzen Aufführung aber symbolisch auf einem Möbelstück liegen. Aber es wird auch gar nicht telefoniert und schon gar nicht, wie bei Cocteau, mit dem verflossenen Liebhaber, der inzwischen eine andere liebt. Cocteaus Drama wird von Warlikowski weiter entwickelt zum Delirium einer Frau, die gerade ihren Liebhaber ermordet hat, ehe sie sich selber hinrichtet.
Vor allem aber geben Warlikowski und Barabara Hannigan der Figur der Frau eine neue Dimension. Das Drama wurde wohl nie so stark und bewegend inszeniert wie in dieser Neuentdeckung. Hannigan ist grandios. Salonen dirigiert auch hier mit größter Klarheit.