Vor kurzem habe ich hier die aufregende Interpretation der Eroica-Variationen durch die Pianistin Tamar Beraia besprochen, deren Vitalität und Natürlichkeit mich vollends begeisterten. Zum anderen schafft sie es, diesen Variationen einen symphonischen Charakter zu verleihen, ohne dabei schwerfällig zu wirken. Florian Glemsers Interpretation ist viel reflektierter und verpasst es, der Musik einen natürlichen Fluss zu geben. Glemser ist ein Intellektueller und geht eher analytisch an die Sache heran. Leider passt dieser Ansatz nicht sehr gut zu Beethovens Variationen. Dort wo Beraia durch Spielfreude fasziniert, bleibt Glemser eher zurückhaltend, ja manchmal sogar etwas langweilig.
Weitaus besser gelingt ihm die Sonate Nr. 30 op. 109, bei der seine ganze Interpretationskunst zum Tragen kommt, weil er eine sehr interessante Konzeption dieser Sonate vorlegt. Die kleinen ‘Sechs Bagatellen’ op. 126 bieten jede für sich einen ganzen Kosmos, angesiedelt zwischen Virtuosität, Lieblichkeit und Dramatik. Auch hier lässt Glemsers Interpretation nichts zu wünschen übrig, für mich persönlich ist seine Interpretation des op. 126 eine der überzeugendsten und ausgereiftesten, die ich kenne.