
Die dramatische und auch die Sturm und Drang-Seite gehören zu den weniger beachteten bei Mozart. Diese Elemente hat er während seines letzten Jahrzehnts ausgeprägt. Rezitative und Arien und die Szene KV 505 wurden dazu ausgewählt. Als rein instrumentales Beispiel wurde die Haffner Symphonie beigesteuert.
Ihre Interpretation haben die Musiker darauf fokussiert, aus zeitgenössischen Quellen bekannte Ausführungstechniken umzusetzen. Diese Herangehensweise führt zu einem ungewohnten Hörerlebnis. Vieles klingt prägnanter als vielfach gehört. Die emotionalen Seiten werden extremer ausgeleuchtet. Tempi finden hier und da eine Straffung, die an Diskussionen um Metronomangaben bei Beethoven erinnern mag. Kraftvolle Passagen im Orchester werden immer klangsensibel, aber mit harschem Einsatz geschärft, so dass einiges ungewohnt schroff zu erleben ist. Die Idee, historische Spieltechniken mit dramatischem Impetus zu kombinieren führt somit zu einem, der Positionen bezieht und Gefühlswelten offenbart, die man mit der Wiener Klassik so vielleicht nicht verbindet.
Ein als gemeinhin schön empfundener Mozart, den die Beteiligten vielleicht langweilig nennen würden, erklingt hier nicht. Was nicht an der hervorragenden Qualität der Darstellung durch die Interpreten liegt, sondern an der gewollten und umgesetzten Art des Spiels.
Die Sopranistin erreicht einen überzeugenden Ausdrucksreichtum, den sie mit Stilgefühl vermittelt. Mit hervorragender Gesangstechnik bringt sie Dramatisches und Musikalisches in Einklang. Sie artikuliert gelungen. Prohaska zeigt sich als Meisterin rhetorischen Gesangs und das Ensemble Resonanz des rhetorischen Begleitens, so dass es einem auch schon mal über den Rücken schaudern kann.
Die, wie bei Harmonia Mundi üblich, an sich exzellente Aufnahmetechnik hat meines Erachtens die Stimme einen Hauch zu nah eingefangen. Das gilt auch für den von Herbert Schuch sich passend einfügenden Klavierpart für die Szene K. 505. Der Begleittext lässt in der Ausführlichkeit der Darstellung der Intentionen keine Wünsche offen.
Das Ensemble Resonanz und Riccardo Minasi bieten diese geschärfte Lesart nicht nur als Begleiter für Ana Prohaska an, sondern auch in der Sinfonie. Ihre immense Spielkultur erlaubt es ihnen, sich in die Musik zu stürzen, ohne durch technische oder interpretatorische Aspekte eingeschränkt zu sein. Der risikobewusste Einsatz, eben con spirito, führt zu dem ansprechend ausgereizten Ansatz, der mit dem schnellen Tempo im Kopfsatz viel Gewohntes beiseite fegt. Dazu gehört auch, dass die im Autograph vorgesehene Streichung der Wiederholung der Exposition befolgt wird. Das Andante wird mit drängendem Elan musiziert, so dass kein Platz ist für eine schrittweise Bewegung, wie sie an der Schaufensterkrankheit Leidende genötigt sind zu vollführen. Trotzdem wird der Satz lyrisch mit tiefer Empfindung geformt. Menuett und Trio bekommen eine handfeste Prägung, die sich aus der Herkunft der Sinfonie, die zuvor als Serenade komponiert worden war, denken lässt. Das finale Presto führt wie am Schnürchen zu einem herausgeputzten Ende. Hier kosten die Interpreten einmal mehr ihre kantige, manchmal schroffe Herangehensweise aus, die sie mit zugespitzter Rhythmik und unbändiger Energie paaren.
The dramatic and also the Sturm und Drang side are among the less recognized in Mozart. He developed these elements during his last decade. Five recitatives and arias as well as a single aria from operas and the scene K. 505 were selected for this purpose. The Haffner Symphony was contributed as a purely instrumental example.
The musicians focused their interpretation on implementing performance techniques known from contemporary sources. This approach leads to an unusual listening experience. Much sounds more concise than often heard. The emotional aspects are illuminated in a more extreme way. Tempi are tightened here and there, reminiscent of discussions about metronome markings in Beethoven. Powerful passages in the orchestra are always sharpened with a sensitive sound, but with harsh use, so that some things can be experienced in an unusually harsh manner. The idea of combining historical playing techniques with dramatic impetus leads to a work that takes a stand and reveals emotional worlds that one might not associate with Viennese classical music.
A Mozart that is generally perceived as beautiful, which those involved would perhaps call boring, is not heard here. This is not due to the outstanding quality of the interpreters’ performance, but to the deliberate and realized manner of playing.
The soprano achieves a convincing wealth of expression, which she conveys with a sense of style. With outstanding vocal technique, she harmonizes the dramatic and the musical. She articulates successfully. Prohaska shows herself to be a master of rhetorical singing and the ensemble resonates with the rhetorical accompaniment, so that it can sometimes send shivers down the spine.
As usual with Harmonia Mundi, the excellent recording technique has, in my opinion, captured the voice a touch too close and therefore too al dente. This also applies to Herbert Schuch’s piano part for scene K. 505, which fits in perfectly. The accompanying text leaves nothing to be desired in terms of the detail of the presentation of the intentions.
The Ensemble Resonanz and Riccardo Minasi offer this sharpened reading not only as accompanists for Ana Prohaska, but also in the symphony. Their immense playing culture allows them to throw themselves into the music without being restricted by technical or interpretative aspects. The risk-conscious commitment, con spirito, leads to the appealingly mature approach, which sweeps aside much that is familiar with the fast tempo in the first movement. This also includes the deletion of the repeat of the exposition, as intended in the autograph. The Andante is played with urgent vigor, so that there is no room for the kind of step-by-step movement that sufferers of window-dressing are forced to perform. Nevertheless, the movement is shaped lyrically with deep emotion. The minuet and trio take on a solid character, which is reminiscent of the origin of the symphony, which was previously composed as a serenade. The final Presto leads like clockwork to a polished ending. Here, the performers once again make the most of their edgy, sometimes brusque approach, which they combine with pointed rhythms and irrepressible energy.