Ob die als Schwanengesang bekannten Lieder von Schubert als Zyklus zu sehen sind, mag man zu Recht bezweifeln. Nichtsdestotrotz bieten diese späten Kompositionen auf sechs bzw. sieben Texte von Heinrich Heine bzw. Ludwig Rellstab eine Welt für sich, die man als Zyklus sehen kann. Julian Prégardien und Martin Helmchen ordnen die Reihenfolge der Lieder nach ihrer eigenen Idee. Damit sind sie nicht die Ersten, gehören aber zu den wenigen, die die übliche Abfolge aufbrechen.
Außerdem haben die Interpreten das ohnehin einzeln stehende, aber oft zugefügte Lied Die Taubenpost auf Worte von Johann Gabriel Seidl weggelassen. Dagegen haben sie das als Schwanengesang D. 744 betitelte Einzellied von Schubert ebenso wie eine gleichnamige Komposition von Fanny Mendelssohn eingewoben und als Teiler der Werke der beiden Textdichter ein Lied ohne Worte von Felix Mendelssohn Bartholdy für Klavier eingefügt.
Auf der zweiten CD dieser Doppelausgabe erklingt das Streichquintett von Schubert.
Was die Lieder angeht, so bieten Prégardien und Helmchen einen eminent intensiven Ansatz. Gerade auch im hier den Reigen eröffnenden Abschied von Rellstab wird die Stimmung, die trotz des Titels eher positiver Natur ist, herausgekitzelt. Mit etwas schnelleren Tempo als etwa Goerne und Brendel vor drei Jahrzehnten bekommt dieses Lied eine geradezu muntere Komponente mit auf den Weg, die die lebensbejahenden Seiten sowohl des Aufenthalts als auch des weiteren Weges erlebbar macht. Der Vergleich der beiden Interpretationen vermittelt den Eindruck, dass Prégardien und Helmchen lebensnah agieren, ohne musikalische Feinheiten zu übersehen. Bei Goerne und Brendel ist die detailreiche Delikatesse der Interpretation überwältigend, dadurch aber auch kammermusiksaalaseptischer. Grandios bei Prégardien fällt auch die Textverständlichkeit aus, die bei aller Intensität und Variabilität des Ausdrucks immer erhalten bleibt. Helmchen ist der aufmerksame Pianist, der sich nicht vor die Stimme legt.
Auch beim Streichquintett könnte man einfach die zuvor beschriebene Intensität erwähnen und meinen, dass sich auch dieses Werk einfühlsam anhört. Doch hier verhält es sich anders. Für mich klingen Christian Tetzlaff und seine Freunde dann doch neutraler. Sicherlich strahlen sie mit instrumentalem Können und aufeinander abgestimmten Stimmengeflecht. Aber ihr Ansatz klingt doch eher neutral und irden als empfindsam und involviert. Hier handelt es sich um eine Sicht auf die Musik, die man sicherlich ohne Abstriche hören und vertreten kann. Aber wenn es in der Besprechung einer Vergleichsaufnahme heißt, der Ausdruck ist „vielmehr verinnerlicht und mit reflektiver Äußerung des Schmerzes“ (siehe unten), so empfinde ich die neue Aufnahme eher so, dass sie die Musik von außen betrachtet und nur darstellt. Dazu trägt auch das technisch deutlich markierende Spiel der fünf Interpreten bei. Da gefallen mir andere Aufnahmen einfach besser. Bei Schubert darf es für mein Empfinden durchaus mehr Gefühl sein. Oder das eingespielte Gefühl äußert sich so, dass ich es nicht wahrnehme.
So berücksichtigt meine Bewertung die Lieder mehr als das Quintett.
Whether Schubert’s songs known as Schwanengesang can be seen as a cycle may rightly be doubted. Nevertheless, these late compositions on six and seven texts by Heinrich Heine and Ludwig Rellstab offer a world of their own that can be seen as a cycle. Julian Prégardien and Martin Helmchen arrange the order of the songs according to their own idea. Thus they are not the first, but they are among the few who break the usual sequence.
In addition, the performers have omitted the song Die Taubenpost (The Dove’s Mail), which stands alone anyway but is often added, to words by Johann Gabriel Seidl. In contrast, they have woven in Schubert’s single song entitled Schwanengesang D. 744 as well as a composition of the same name by Fanny Mendelssohn, and as a divider of the works of the two lyricists, they have included a song without words for piano by Felix Mendelssohn Bartholdy.
In the songs, Prégardien and Helmchen offer an eminently intense approach. Especially in the Abschied von Rellstab, which opens the round here, the mood, which despite the title is of a rather positive nature, is teased out. With a somewhat faster tempo than Goerne and Brendel had three decades ago, this song is given an almost jaunty component along the way that makes it possible to experience the life-affirming aspects of both the stay and the further journey. Comparing the two interpretations gives the impression that Prégardien and Helmchen act true to life without overlooking musical subtleties. With Goerne and Brendel, the detailed delicacy of the interpretation is overwhelming, but as a result it is also more chamber music. Grandiose with Prégardien is also the text comprehensibility, which is always maintained despite all intensity and variability of expression. Helmchen is the attentive pianist who does not put himself before the voice.
In the case of the String Quintet, one might simply mention the intensity described earlier and think that this work also sounds sensitive. But here it behaves differently. To me, Christian Tetzlaff and his friends sound more neutral. Certainly they shine with instrumental skill and coordinated voices. But their approach sounds more impersonal and earthy than sensitive and involved. This is a view of the music that can certainly be heard and defended without compromise. But when the review of a comparative recording (see underneath) says that the expression is « rather internalized and with reflective expression of pain », I rather feel that the new recording looks at the music from the outside and only presents it. The technically clearly marked playing of the five performers also contributes to this. I simply like other recordings better. In Schubert, I feel that there can be more feeling. Or the recorded feeling is expressed in such a way that I do not perceive it.
Thus my evaluation considers the songs more than the quintet.