So wie eine Jury die Qual der Wahl hat, welche Teilnehmer eines Wettbewerbs sie überhaupt und mit welcher Kategorie für preiswürdig hält, so muss auch ein Rezensent manchmal überlegen, wie er seine Kritik, hier über einen Mitschnitt aus der Halb- und der Finalrunde des Reine Elisabeth-Wettbewerbs, gestaltet.
Jury und Publikum waren im Jahr 2017 unzweifelhaft und zurecht von den Qualitäten des Cellisten Victor Julien-Laferrière eingenommen. Stellt man aber etwa bei der Aufnahme des Haydn-Konzertes berühmte Vorbilder, Jacqueline du Pré sei genannt, gedanklich dagegen, muss der Vergleich dann doch noch negativ ausfallen. Das fängt schon bei dem doch recht gemäßigten Tempo des Kopfsatzes an und lässt auch sonst einiges an Feuer und Risiko vermissen, was auch bei Shostakovich deutlich wird.
Nimmt man aber das, was man hört, für sich, so sind alle drei Einspielungen wohlgestaltete Darbietungen, die auch noch einen Blick darauf zulassen, wie der junge Musiker die Werke aus verschiedenen Epochen darstellt. Klassik bei Haydn, Romantik bei der Brahms-Sonate und schließlich rezente Moderne bei Shostakovich sind drei unterschiedliche und auch drei spannende Visitenkarten.
Das Kammerorchester der Wallonie unter der Leitung von Frank Braley, der auch als Pianist bekannt ist, bei Haydn und das Philharmonische Orchester aus Brüssel, dem Stéphane Denève mit dem Taktstock vorsteht, folgen aufmerksam und stilsicher dem Solisten und unterstützen ihn. Auch der Pianist Théo Fouchenneret gibt bei Brahms die sowohl sichere Grundlage als auch die eigene ergänzende Stimme für den Dialog.
In jedem Fall stellt Victor Julien-Laferrière eine interessante und auch hochwertige junge Stimme dar.