Von den blauen Wolken des ersten Gemäldes über die Felsen, die eines Wagners würdig sind bis hin zu jeder Menge jahrhundertealter Kostüme von Ezio Toffolutti, nimmt die Inszenierung von Cavallis ‘Il Giasone’ die Herausforderung dieses farbenfrohen Freskos an. Ob es sich um Herkules, eine Art Steroid-Barbaren oder die Liebe, die einen Selfie nimmt, handelt, alles trägt dazu bei, die komischen Elemente des Werkes zu stärken. Dabei wird eine sanfte Mischung aus Alt und Neu genutzt. Voller Humor und Ideenreichtum trifft Serena Sinigaglias Inszenierung den Text und die Musik.
Die Handlung dieser von Francesco Cavalli für Venedig komponierten Oper basiert auf der Argonautensage. Jason, also Giasone, soll das Goldene Vlies holen. Auf seinem Weg hat er zwei Liebschaften, mit Isifile und Medea, die jeweils Zwillinge von ihm gebären. Diese Umstände bieten reichlich Anlass für Verfolgungen und Intrigen, die die Haupthandlung der Oper ausmachen. Diese Handlung wird immer wieder durch Nebenstränge und komische Szenen unterbrochen, in denen allerlei Nebenfiguren agieren. Zudem gibt es eine Rahmenhandlung mit dem Sonnengott Sole und dem Liebesgott Amore.
Den ersten Bühnenauftritt hat dieser große mollige Putto Amore, der von der köstlichen Mary Feminear mit Lebendigkeit bewohnt wird. Medea, verkörpert durch die glühende Kristina Hammarström hat üppiges Timbre. Ihr hochmütiges Spiel und riesiger Atem prägen ihr Rollenspiel. Ihre Soli sind ergreifend und haben Süße. Auch Isifile, die Sopranistin Kristina Mkhitaryan, versteht es, ein warmes Timbre anzubieten und sich als kämpferische Rivalin zu erweisen. Sie singt sensibel und agiert mit ausgewogenen Spielgefühl.
Wenn die Besetzung dieser Oper auf der Frauenseite viele stimmliche Reize offenbart, ist sie auf der Männerseite weniger homogen: Countertenor Valer Sabadus’ Giasone ist etwas blass. Seiner Stimme fehlt es an Brillanz. Seine Rolleninterpretation aber überzeugt, so dass er im Laufe der Zeit verführt. Raul Gimenez entfaltet die Stimme des Königs, eines sonoren Tenors, ohne sich in der Rolle wirklich einzufinden.
In den kleineren Rollen zeigt Alexander Milevs Herkules einen schönen Bass, aber der Text könnte prägnanter sein. Musikalischen Qualitäten und stimmliche Präsenz des Willard Whites als Oreste kann man schätzen. Besondere Erwähnung finden die sehr bunten Charaktere dieser Oper: Demo und Delfa. Migran Agadzhanyan’s bucklige stotternde bucklige Demo hat neben ihrer schönen, gesunden Stimme auch ein perfektes Spielgefühl. Dominique Visse weiß mit unwiderstehlichem Humor seinen Charakter liebenswert darzustellen. Auch die anderen Rollen überzeugen.
Der Dirigent Leonardo García Alarcon hat diese Version des ‘Il Giasone’ mit fast drei Stunden eingerichtet, während das Originalbuch eine weitere Stunde enthält. Er weiß, wie man die Energie dosiert, das Orchester prächtige Phrasierungen atmen lässt, Klangfarben variiert und den Sängern Rahmen und Raum bietet. Die hinzugefügten Perkussionseffekte, die Stürme und andere Effekte lautmalerisch ausgestalten, schmücken die Aufführung zusätzlich. Alarcon führt sein Ensemble ‘Cappella Mediterranea’ mit großer Entschlossenheit und einem stupenden, kaum gebändigten Rhythmusgefühl. So bleibt den Zuschauern wenig Zeit zum Atem holen. Aber will er das überhaupt bei so viel Farbigkeit?
Francesco Cavalli’s opera Il Giasone, written for Venice, handles the mythological story of Jason and his amorous adventures. This production perfectly shows how such a work can be staged in a charming manner with a mix of ideas. The musical realization is above average, for most of the performers even outstanding.