« Die Fülle Ihrer Stimme wirkte wie ein Donnerschlag … Es war wie der Ausbruch einer regelrechten Urgewalt. » So beschrieb ein Publizist das Stimmphänomen Jessye Norman. Ob sie Operngestalten darstellte, Lieder sang oder mit den herausragendsten Orchestern und Dirigenten auftrat, überall begeistert ihre exquisite Kunst das Publikum.
Jessye Norman wurde in Augusta, Georgia geboren. Sie studierte u.a. bei Carolyn Grant an der Howard University in Washington, bei Alice Duschak am Peabody Conservatory in Baltimore sowie bei Pierre Bernac und Elizabeth Mannion an der University of Michigan. Sie begann ihre Karriere 1969 als Mitglied der Deutschen Oper Berlin in Richards Wagners Tannhäuser. In den Siebzigerjahren war sie ständig auf Tournee, in den USA, in Lateinamerika, Australien, Kanada und Europa.
Jessye Norman bewältigte ein äußerst weitreichendes Opernrepertoire an der Scala, am Teatro Comunale in Florenz, am Royal Opera House, Covent Garden, an der Stuttgarter Oper, in den Staatsopern in Wien und Hamburg, in Philadelphia, beim Festival in Aix-en-Provence…
Ihr Metropolitan Opera Debut gab Jessye Norman 1983 in Berlioz’ Les Troyens (wo sie sowohl die Dido als auch die Kassandra sang) zum Auftakt der 100-Jahrfeier des New Yorker Opernhauses. An der Met sang sie danach die verschiedensten Rollen, u.a. die Jocasta in Stravinskys Oedipus Rex, die Titelrolle in Ariadne auf Naxos von Richard Strauss, Madame Lidoine in Poulencs Dialogue des Carmélites, Kundry in Parsifal und Elisabeth in Wagners Tannhäuser. In der Saison 1988-89, machte sie Met-Geschichte in der ersten Aufführung der Einpersonen-Oper Erwartung von Arnold Schoenberg. In einer ‘Live from the Met’ übertragenen Aufführung war sie als Judith in Bartoks Blaubarts Schloss zu sehen.
Im Fernsehen ist Miss Norman ist weltweit bekannt geworden durch ihre zwei Christmas Specials, Jessye Norman à Notre Dame (1992) und Christmastide (1987), sowie durch den Dokumentarfilm ‘Jessye Norman singt Carmen’, der bei Gelegenheit der 1990 veröffentlichten Aufnahmen zur Bizet-Oper entstand.
Millionen sahen Jessye Normans Interpretation der Marseillaise bei den spektakulären Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag der Französischen Revolution im Juli 1989.
Jessye Norman war eine der herausragendsten und produktivsten Künstlerinnen auf der Schallplatte und ihre Aufnahmen wurden mit zahlreichen Preis ausgezeichnet. Die lange andauernde Zusammenarbeit mit Philips Classics enthält eine weltweit gefeierten Strauss-Salome aus Dresden fortgesetzt. ‘Brava, Jessye!’ heißt eine Porträt-Platte, auf der einige der bezauberndsten Interpretationen von Jessye Norman zu hören sind. Eine großartige Aufnahme ist Schönbergs ‘Erwartung’ mit James Levine und dem Metropolitan Opera Orchestra.
Andere vielgepriesene Aufnahmen sind Cavalleria Rusticana (Santuzza), Fidelio (Leonore), ein Salzburger Liederabend mit James Levine, Amazing Grace und Lucky to be Me (eine Anthologie populärer Lieder). Die Sängerin hat ebenfalls für Angel, EMI und Sony Classical aufgenommen.
Über ihr ‘Salzburg Recital’ mit Beethovens 6 Geistlichen Liedern, Liedern aus dem Spanischen und aus dem Italienischen Liederbuch von Hugo Wolf sowie Debussy-Liedern schrieb Remy Franck: « Beethovens Geistliche Lieder in der Interpretation von Jessye Norman zu hören, kann einem gläubigen Menschen u.U. mehr bringen als ein Gottesdienst. Inbrunst ohne Pathos, Besinnlichkeit ohne falsches Gefühl: das ist ein Gesang, der von Herzen kommt und zu Herzen geht.
Aber auch die Wolf- und die Debussy-Lieder gestaltet sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, mit einer den ganzen Dynamik-Bereich umfassenden Stimmgebung, mit einer reichen Palette an Stimmfarben und einer dezidiert gestalterisch eingesetzten Atemtechnik.
Diese CD ist eine Sternstunde des Liedgesangs, im New Yorker Studio aufgezeichnet zwei Jahre nach dem Norman-Recital in Salzburg, mit demselben Programm. James Levine ist für Jessye Norman ein kongenialer Partner, der gleichberechtigt und subtil mitgestaltet und so wesentlich zu der großartigen Atmosphäre dieser Schallplatte beiträgt. »
Nach einer Vorstellung von Herzog Blaubarts Burg im Pariser Châtelet notierte Remy Franck « La Norman montra qu’à l’âge de 60 ans, elle a toujours la plupart ses moyens vocaux, des graves somptueusement expressifs et des aigus puissants, et qu’elle a su conserver la beauté et la spécificité de son timbre. Grâce à un immense pouvoir d’identification avec le personnage interprété, elle fut une Judith dont l’exaltation par un amour aveugle nous subjugua. »
In Luxemburg begeisterte die Sängerin das Publikum im November 1995 mit einem Liederabend in den Soirées de Luxembourg.