Wenig bekannt ist in Europa die mexikanische Musik im Allgemeinen und der Komponist José Rolon im Besonderen. Die in Mexiko geborene und in Deutschland lebende Pianistin Claudia Corona möchte das ändern. Sie hat schon früher Klavierkonzerte, auch das von Rolon eingespielt. Nun legt sie eine Auswahl aus dem Klavierwerk zusammen mit dem Klavierquartett vor.
Rolon, 1876 in der Provinz Guadalajara geboren, genoss dort zunächst ersten Unterricht. Er setzte seine Studien, zunächst als Pianist, Anfang des letzten Jahrhunderts in Paris fort, wo er viele Persönlichkeiten der Zeit kennenlernte. Nach einigen Jahren in Mexiko als Pädagoge und Organisator für den Aufbau eines Musiklebens, kehrte er Ende der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts noch mal für drei Jahre nach Paris zurück und studierte bei Nadia Boulanger.
Während der früheren Jahre war sein kompositorisches Schaffen eng an die europäische, romantische Welt angelehnt. Erst später konzentrierte er sich auf seine kulturelle Identität und gab seinen Werken starkes mexikanisches Gepräge, das sich für europäische Ohren durch dissonante Harmonik, ungewöhnliche Akzentuierungen und andere Besonderheiten auszeichnet.
Auf den zwei CDs zeigt Corona neun Klavierwerke, von denen die meisten der romantischen Linie zugeordnet werden können sowie zwei von der nationalen Musik geprägte Stücke. Die früheren Werke nutzen die bekannten Muster und Formen, würzen sie jedoch mit die eigene Handschrift tragenden Besonderheiten. Das gilt beispielsweise für das Quartett, das den vollen romantischen Klang pflegt und doch auch eigene Akzente mit der Betonung der Streicher und in der Behandlung des Klavierparts setzt.
Dem Spiel von Claudia Corona merkt man sofort die enge Vertrautheit mit dem Werk von Rolon an. Ihr Spiel strömt eine Sicherheit und Freiheit im Ausdruck aus, die den Charme der Charakterstücke unmittelbar vermittelt. Im Quartett gesellen sich die drei Streicher mit ebensolcher Selbstverständlichkeit hinzu und bringen das Werk intensiv zum Blühen. Die Aufnahmen zeugen ebenso von kultivierter Kompositionstechnik wie vom ansprechenden Stil der Werke, egal welche musikalische Seite des Komponisten gerade Vortritt hat.