Nicht allein die Verwendung der Zwölftonmusik macht die Musik von Paul Dessau schwer zugänglich. Seine eher durch ein perkussionistisches als ein anheimelndes Hörbild geprägten Kompositionen haben ihm den Spitznamen Pauken-Paule eingetragen. Dass sein Lebenslauf, geprägt durch die politischen Umstände des letzten Jahrhunderts und das damit verbundene Exil zunächst in Frankreich und später den USA sowie die spätere Rückkehr in die DDR auch Niederschlag in seinen Kompositionen gefunden haben, kann kaum verwundern. Und das gilt nicht nur für die in Deutschland und später in Hollywood geschriebene Filmmusik.
Aus einem längeren Zeitraum sind hier Klavierwerke mit einigen Stücken kombiniert, die ein anderes Instrument hinzugesellen oder, wie in dem Concertino für Solo-Violine mit Flöte, Klarinette und Horn, eine ungewöhnliche Besetzung gefunden haben. Dabei fallen auch die Eigenheiten Dessaus auf, die neben einer äußerst solistischen Stimme für die Violine, er spielte selber Geige, auch seine humoristischen Züge zeigen, wie der Titel des Flötenwerks Grasmückenstücke für Mücke Gras, das der Mücke gerufenen Tochter der befreundeten Familie Gras gewidmet ist. Oder das Intermezzo breve für Klavier, das Dessau dem damaligen Ministerpräsidenten der DDR Grotewohl widmete und das Metrum mit `Tempo aufs Grotewohl´ angab. Ob und wie der Bewidmete dieses angenommen hat, ist nicht überliefert.
Das Ensemble Avantgarde aus Leipzig ist gerade in die vierte Dekade seines Bestehens gelangt und widmet sich ausschließlich jüngerer und jüngster Musik. Die Musik von Dessau ist beim Initiator Steffen Schleiermacher am Klavier und je nach Bedarf den weiteren Ausführenden in den besten Händen. Mit der nonchalanten Sicherheit ihrer Erfahrung und der Vertrautheit mit zeitgenössischer Musiksprache gelingt es ihnen mühelos, die raren Momente schmeichelnden Klanges ebenso deutlich werden zu lassen wie im Übrigen die teilweise schroffen Texturen hervorzuheben, die wohl auch Gemütszustände des Komponisten aus seinen jeweiligen Lebensumständen andeuten. Schleiermacher gelingt es, etwa die elf jüdischen Tänze, die wohl als pädagogische Stücke für Kinder zu denken sind, mit seiner eleganten Spielweise zu adeln.