Jean Sibelius wäre wohl entsetzt, ich runzle zunächst die Stirn, aber im dritten Satz muss ich lachen: Yannick Nézet-Séguins auf orchestrale Show getrimmte zweite Sibelius ist wohl kaum ernst zu nehmen. Zu manieriert, zu theatralisch, zu pathetisch, zu zirzensisch ist diese Interpretation, als dass man sie als auch nur halbwegs respektvoll dem Komponisten gegenüber bezeichnen könnte. Wer sich von solch einem orchestralen Spektakel und Nézet-Séguins Kasperltheater begeistern lassen will, gut, mag er’s tun, aber er soll nicht wagen zu behaupten, er habe Sibelius gehört. Wer eine spannende und in allen Hinsichten richtige Zweite Sibelius hören will, der kann das mit Kitajenko und dem Gürzenich Orchester tun (siehe unten).
Auch aus der Fünften macht Nézet-Séguin etwas wie ein Tondichtung oder eher noch eine Filmmusik, er zieht Sibelius aus, raubt ihm das letzte Geheimnis und stellt ihn nackt vor uns. Viele andere Dirigenten haben diese Symphonie anders gesehen.
Jean Sibelius would probably be horrified, I frown at first, but in the third movement I have to laugh: Yannick Nézet-Séguin’s second Sibelius, trimmed for orchestral show, can hardly be taken seriously. This interpretation is too mannered, too theatrical, too pathetic, too circus-like to be considered even halfway respectful of the composer. If you want to be thrilled by such orchestral spectacle and Nézet-Séguin’s Punch and Judy show, go ahead, but don’t dare say you’ve heard Sibelius. If you want to hear an exciting and in every way correct second Sibelius, you can do so with Kitajenko and the Gürzenich Orchestra (see below).
Nézet-Séguin also turns the Fifth into a kind of tone poem, or rather a movie score; he undresses Sibelius, robs him of his last secret and presents him naked to us. Many other conductors have seen this symphony differently.