Gustav Mahler: Symphonie Nr. 1; The Minnesota Orchestra, Osmo Vänskä; 1 SACD BIS 2346; Aufnahme 03/2018, Veröffentlichung 30/08/2019 (56'45) – Rezension von Remy Franck
Ruhe und Zurückhaltung prägen Osmo Vänskäs Interpretation der Ersten Symphonie von Gustav Mahler, mit der BIS den Mahler-Zyklus des Minnesota Orchestra fortsetzt. Im ersten Satz wird das vom Komponisten geforderte ‘Gemächlich’ eher durch dynamische Reduktion als durch ein entsprechendes Tempo umgesetzt. Bis zur frenetischen Coda geht es sehr friedvoll zu in diesem Satz, aber vielleicht auch ein bisschen langweilig.
Den zweiten Satz nimmt Vänska recht schnell, hier klar das vorgegebene « nicht zu schnell » missachtend. Dennoch erreicht er mit dynamischen und agogischen Kontrasten ein spannendes Musizieren vom Minnesota Orchestra, das nicht zuletzt wegen einer akustisch vorzüglichen, sehr räumlichen und klaren Tonaufnahme brillieren kann.
Der dritte Satz beginnt sehr ruhig und entspannt, wunderbar transparent im Orchesterklang. Aber in diesem Schönklang fehlt dann doch die Ironie, die andere Dirigenten in dieser Musik entdeckt haben. Die Klezmer-Anklänge kommen hingegen sehr gut zum Ausdruck in einem Satz in dem es mehr Ruhig-kontemplatives gibt als schwarzen Humor.
Im Finalsatz wird das ‘Stümisch bewegt’ nicht besonders aufregend dargestellt. Es scheint Vänskä hier mehr um orchestrale Klarheit als um Drama und Spannung zu gehen. Sehr inspiriert und bewegend schön erklingen jedoch die lyrischen Passagen dieses Satzes. Und so ist der Eindruck, den man von dieser Aufnahme gewinnt, definitiv zwiespältig, aber aufs Ganze gesehen kann mich Vänskäs Interpretation nicht begeistern. Sie ist, wie zuvor schon die Aufnahme der Sechsten, kein Glanzstück im Mahler-Zyklus des Orchesters aus Minneapolis.
Osmo Vänskä’s interpretation of Gustav Mahler’s First Symphony, with which BIS continues the Minnesota Orchestra’s Mahler cycle, is characterized by a calmness and restraint. In the first movement, the ‘Gemächlich’, as demanded by the composer, is realized through dynamic reduction rather than tempo. Up to the frenetic coda, the movement is very peaceful, but perhaps a bit boring. Vänska takes the second movement quite fast, here clearly questioning the composer’s indication ‘not too fast’. Nevertheless with dynamic and agogic contrasts he achieves an exciting music making with the Minnesota Orchestra, which can shine not least because of an acoustically excellent, very spatial and clear sound recording. The third movement begins very calmly and relaxed, wonderfully transparent. But this beautiful sound lacks the irony that other conductors have discovered in this music. The Klezmer echoes, on the other hand, are expressed very well in a movement in which there is calm contemplation rather than black humour. In the final movement, the ‘Stümisch bewegt’ is not very exciting. Vänskä seems to be more concerned with orchestral clarity than with drama and tension. However, the lyrical passages of this movement sound very inspired and movingly beautiful. And so, the impression one gets from this recording is definitely ambivalent, but on the whole, Vänskä’s interpretation is not appealing. Like the recording of the Sixth, it is not a masterpiece in the Minnesota Orchestra’s Mahler cycle.