Albéric Magnard (1865-1914), wohlhabender Sohn des Chefredakteurs der französischen Tageszeitung Le Figaro, hat seine Mutter sehr früh verloren und war angeblich ein eher verschlossener Mensch. Magnard studierte zunächst Rechtswissenschaften, aber nachdem er in Bayreuth eine Vorstellung von Tristan und Isolde gesehen hatte, schrieb er sich am Pariser Konservatorium ein und studierte in der Folge bei Jules Massenet und Vincent d’Indy.
Politisch war er sehr engagiert: Aus der Armee trat er aus, nachdem er sich als Dreyfusard geoutet hatte. Zur Unterstützung des zu Unrecht des Verrats beschuldigten Offiziers Alfred Dreyfus komponierte Magnard seine Hymne à la Justice. Seine Vierte Symphonie widmete er einer feministischen Organisation und ließ sie vom Orchester der Musiklehrerinnen und Komponistinnen uraufführen.
Der Komponist schrieb eine Musik deutscher Couleur, von der nur etwa 20 Werke überliefert sind, weil er, Ironie des Schicksals, 1914 starb, als er sein Haus gegen eine Gruppe deutscher Soldaten verteidigen wollte. Sein Haus wurde angezündet und etliche Werke wurden dabei unwiederbringlich vernichtet.
Trotz einer umfangreichen Diskographie sind Albéric Magnards Symphonien nicht ausreichend bekannt.
Die dritte Symphonie, die 1895-96 komponiert und 1899 unter der Leitung des Komponisten uraufgeführt und 1902 überarbeitet wurde, trägt den Untertitel Bucolique. Es ist ein absolut hinreißendes Werk, voller charakteristischer Musik, die leider unter Bollons Leitung nicht einmal annähernd jenen Atem und jene vitale Ausdruckskraft erlangt wie unter der Leitung von Ernest Ansermet (Cascavelle VEL 3128), der die Musik viel leidenschaftlicher, gestischer, spontaner und pulsierender dirigiert als Bollon, obwohl dessen neue Einspielung auch nicht wirklich schlecht ist, aber eben halt nicht den fiebrigen Charakter der Ansermet-Aufnahme erreicht, die leider 1968 noch in Mono gemacht wurde.
Auch in der vierten Symphonie bleibt das Orchester aus Freiburg unter Bollons Leitung relativ matt und flach, wie ein Vergleich mit der Einspielung von Michel Plasson aus Toulouse (Warner) deutlich zeigt.
Mithin ist dies kein wirklich überzeugendes Plädoyer für Magnards Symphonien.