Warum soll man sich eine weitere Aufnahme mit einem hinreichend eingespielten Beethoven-Programm zulegen? Was gibt es zum Ersten Klavierkonzert und zur Fünften noch zu sagen? Das Trio Cédric Tiberghien, ‘Orchestre national d’Île de France’ und Enrique Mazzola haben sehr gute Argumente für beide Werke.
Cédric Tiberghien tänzelt im ersten Klavierkonzert mehr über die Tasten, als dass er sie in einem romantischen Elan aufbrausen lässt. Seine Leichtfüßigkeit – oder besser Fingerfertigkeit -, die Transparenz seines Anschlags und seiner Rhetorik ergibt eine Musik, die ständig unter Strom steht: All das spiegelt in kohärenter Manier die innere Unruhe des romantischen Geistes wider, die Sehnsucht nach Glück und Frieden, die Aufschreie einer gebeutelten Seele, die in den betonten Dissonanzen zu hören sind.
Tiberghiens Interpretation ist von der ersten bis zur letzten Note schlüssig. Nach dem Seelensturm folgt im Largo die Einkehr, die Nachdenklichkeit- oft ein nur ein Hauch im leisesten Pianissimo. Die Spannung löst sich erst im finalen Rondo, den Tiberghien nicht bloß als schnöden Kehraus mit virtuosen Mätzchen gestaltet.
Das ‘Orchestre national d’Île de France’ und der Dirigent Enrique Mazzola folgen Cédric Tiberghien aufmerksam und bereitwillig in seiner anderen romantischen Sichtweise. Die findet sich auch in der c-Moll-Symphonie wieder. Mazzola verzichtet auf den großen, heroisch-kraftstrotzenden Gestus. Hier pocht das Schicksal nicht mit der Faust an die Pforte, es ist ein fast stiller, aber dafür umso unerbittlicher Begleiter durch die vier Sätze – sprich durch das Leben.
Mazzola’s and Tiberghien’s Beethoven comes without heroic and powerful gestures, reflecting the inner restlessness of the music in a very coherent manner.
Eine andere Rezension gibt es hier.