Frédéric Chopin hat seine Klavierkonzerte zum Gebrauch in den Salons für Kammermusikensembles eingerichtet. Seine Fassung des Ersten Klavierkonzerts für Klaviersextett ging jedoch verloren, so dass die Interpreten für die vorliegende Aufnahme die Bearbeitung von Richard Hoffmann benutzt haben und diese selber noch einmal revidierten. Für das Beethoven-Konzert wurde für die Streicher die Bearbeitung von Vincenz Lachner eingespielt, während der Pianopart der Bearbeitung von Franz Alexander Pösinger folgt. Auch hier wurden die Interpreten noch einmal selber aktiv und bearbeiteten Teil des bestehenden Materials neu.
Die Frage, ob der Musikfreund heute solche Aufnahmen braucht, stellt sich allein schon deswegen weil die Zielsetzung der Bearbeitungen früher eine andere war: sie sollten die Werke einem breiteren Publikum zugänglich machen. Das ist natürlich heute nicht mehr notwendig.
Dennoch kann eine solche Aufführung etwas bringen, wenn tatsächlich Kammermusik gemacht wird. Das ist hier aber eindeutig nicht der Fall, weil das Klavier immer Soloinstrument bleibt und auch von den Aufnahmetechnikern so eingefangen wurde.
Das Problem der Aufnahme sehe ich in ihrer ‘doppelten’ Akustik. Es gibt eine akustische Ebene, klar und mit reichlich Raum für das Klavier, sowie eine zweite Ebene mit den fünf Streichern, etwas dumpf, sehr direkt und eben ohne Raum. Das ergibt ein Ungleichgewicht zugunsten des Klaviers und spielt gerade die Trumpfkarte des Kammerensembles, des Klaviersextetts nicht aus: es bleiben in beiden Werken Klavierkonzerte! Es ist nicht das erste Mal, dass wir im Falle des Chopin-Konzerts diese Kritik anbringen, und bei dem Werk ziehe dann doch die Bearbeitung für Streichorchester und Klavier von Wojciech Rajski vor (mit Daniil Trifonov und dem ‘Polish Chamber Philharmonic’ bei Dux herausgekommen).
Dass die Kammermusikfassung aber funktionieren kann, haben Gianluca Luisi und das ‘Ensemble Concertant’ (MDG) bewiesen.
Wenn sie es nicht ausdrücklich so haben wollten, wurden See Siang Wong, der im Übrigen feinfühlig und kristallklar spielende Pianist der RCA Einspielung, sowie seine Streicherkollegen vom Aufnahmeteam eigentlich betrogen. Schade! Die ‘Chamber Versions’, die das Cover ankündigt, sind gar keine.
Musically there is nothing to say against these performances, yet the recorded sound does not match our expectation. This is no chamber music! Both concertos feature a very prominent and bright piano framed by rather dry strings.