1750 brannte die St. Michaelis-Kirche in Hamburg ab. 1762 wurde der für gut 120 Jahre turmlose Neubau der Hauptkirche der Stadt wieder geweiht. Wenn auch ein Brand 1806 die Kirche vollständig zerstörte und im Zweiten Weltkrieg schwere Schäden zu verzeichnen waren, so ist die Kirche, allgemein als Michel bekannt, äußerlich heute noch in der Form von damals zu sehen.
Bereits vor der Eröffnung 1762 hatten Joachim Johann Daniel Zimmermann als Textdichter und Georg Philipp Telemann als Komponist sich durch die Erschaffung des hier nun erstmals eingespielten Oratoriums darauf vorbereitet. Da es auch damals politische Nickeligkeiten um die Teilnahme von kirchlichen und politischen Größen der Stadt an der feierlichen Messe gab, mussten sie dann noch Änderungen einarbeiten, um die Umstellungen zu berücksichtigen. Auch sonst ist dieses im Spätstil von Telemann gesetzte Werk mit etlichen Bezugnahmen auf die Festliturgie zu sehen, etwa die Selbstkasteiung, weil gottloses Gehabe zum Brand geführt hat oder die musikalische Beschreibung des Brandes.
Die Einspielung der Kölner Akademie unter der Stabführung von Michael Alexander Willens orientiert sich buchstabengetreu an dem damaligen Ablauf. Das Orchester zeigt die Musik mustergültig in intensiv sensiblem Spiel und schafft damit eine glänzende Grundlage für die Gesangsbeiträge. Der Chor nimmt diese Vorlage mit leichter und sicherer Hand auf und setzt seinerseits Akzente mit ausgewogenem lebhaftem strukturiertem Chorklang.
Die Gesangssolisten sind unterschiedlich stark in das Werk eingebunden. Die größten Anteile sind von zwei Bassisten zu tragen. Hier zeigen Klaus Mertens und Mauro Borgioni mit körperlich ausgeprägtem, aber eher leichtem, nicht tiefschwarzem Gesang sehr intensive und einnehmende Beiträge. Die anderen Solisten treten nur sporadisch in Erscheinung. Der Tenor Julian Podger gestaltet seine Arie aus Zermürbung und Dank gut ausgestaltet. Auch die Sängerinnen pflegen einen vibratoarmen schlanken Gesang. Während die Altistin ganz ohne eigenes Solo auskommen muss, hat die Sopranistin mit ihrer Arie ‘Verstreut gewesene Herde’ einen in diesem Oratorium recht großen Beitrag, den sie mit jugendlichem, an einen Knabensopran erinnernden, Klang vorträgt.