Bevor sich der kluge und zugängliche Essay aus der Feder von Oliver Geisler im Booklet des vorletzten Teils der Schütz-Gesamteinspielung den 15 (und in zwei 29Fällen erstmals) aufgenommenen Madrigalen und Hochzeitsmusiken des großen Renaissance-Komponisten en détail widmet, geht es um das Bild, das die Musikwelt heute von Heinrich Schütz hat. Seine hier vorgestellten (deutschsprachigen) Werke haben darin sicherlich ihren Platz, gehören jedoch keinesfalls zu den auffallenden Partien, die eher von der geistlichen Musik bestimmt werden. Es gibt also etwas zu entdecken!
In verschiedenen Besetzungen vom Solo bis zur Doppelchörigkeit erklingen hier lebensfrohe, affektgeladene Musiken, die Schütz zu verschiedenen freudigen Anlässen, darunter die Hochzeit seines Bruders Georg 1619, komponierte. Die Rede ist mal vom Festmahl aus geschlachteten Ochsen und Mastvieh, mal vom « süßen Gift“ das „durch den roten Mund geblasen“ wird oder von « Tränen als der Liebe Pfand“ und durchaus auch von Zeiten im « öden Bette“ sowie Erbmasse, der man die „Gottesgabe eines frommen und tugendsamen Weibes“ vorziehen solle. Natürlich erklingen auch Verse aus dem Hohelied Salomons. Schütz erweist sich hier (wie auch schon in den teils zeitnah entstandenen Psalmen Davids) erneut als Meister der Tonmalerei – und das nicht nur wenn wie im ersten Track « Siehe, wie fein und lieblich ist’s“ (SWV 48) köstlicher Balsam vom Haupte Aarons in dessen ganzen Bart « herabfleußt“.
Textlich wie musikalisch also wunderbare Vorlagen für die Interpreten: sechs bestens aufgelegte und perfekt miteinander harmonierende Solisten von Renommee (darunter die wunderbaren Stimmen von Dorothee Mields und Georg Poplutz, um nur zwei Namen zu nennen), der schlank besetzte Dresdner Kammerchor sowie fein und kundig mehr als obligat musizierende Instrumentalisten, die Dirigent Hans-Christoph Rademann in jedem Stück neu und frisch zum Klingen bringt. Spannendes, fesselndes und betörendes Musizieren – auch der 19. Schütz-CD unter Rademanns Leitung (der Abschluss der Gesamteinspielung ist für Juni angekündigt) gebricht es nicht an faszinierender Transparenz, wobei unterm Strich eine gerne noch größere Differenzierbarkeit zwischen den einzelnen Stücken im Bereich des Denkbaren liegen mag. Für Schütz-Liebhaber ist diese CD indes fraglos ein großer Genuss und eigentlich ein Muss.