Die in den Jahren 1988 bis 1992 entstandene Vierte (und letzte) Symphonie des Polen Witold Lutoslawski ist ein komplexes Orchesterwerk. Um sie zur Wirkung zu bringen, braucht es einen Dirigenten mit einer starken Hand und einem soliden Atem. Alexander Liebreich hat beides und gestaltet das einsätzige Werk so spannungsvoll, dass die facettenreiche Musik einen wirklich fesselt. Nach dem mysteriösen, verhaltenen Beginn nimmt der Dirigent den Hörer gewissermaßen bei der Hand, damit er in einer ungemein sprechenden Darbietung die Komplexität des Werks voll erleben kann. Eine beeindruckende Interpretation! Die hervorragenden Musiker und Solisten des Nationalen Polnischen Radio-Symphonieorchesters sind Liebreich dabei eine gute Stütze.
Von dem Mstislav Rostropovich gewidmeten und von ihm 1970 in London uraufgeführten Cellokonzert haben manche Kommentatoren gesagt, es stelle die Repression im ehemaligen Ostblock in den Mittelpunkt. Provoziert wurden solche Feststellungen durch die konfliktgeladene Auseinandersetzung zwischen dem Solinstrument und dem Orchester. Lutoslawski hat die politische Tragweite zwar bestritten, aber Fakt ist, dass wir es in diesem ungemein dramatischen, mehr noch, regelrecht dramaturgisch aufgebauten Werk mit einer wie auch immer zu interpretierenden Jagd auf ein verletzbares Individuum zu tun haben.
Auch dieses konfliktreiche Werk liegt bei Liebreich in guten Händen, während der Cellist Gautier Capuçon seinem guten Ruf alle Ehre macht: wir hören eine direkt elektrisierende und schillernde Fassung dieser Komposition.
Mehr noch als in den anderen Werken kommt die Akustik des neuen Konzertsaals von Katowice dieser Interpretation zugute: der Klang ist in der Breite und Tiefe räumlich und von phänomenaler Transparenz. Die Balance ist optimal und ergibt ein ungemein natürliches Klangbild. Kein Zweifel daher: dies ist eine der besten Orchesteraufnahmen mit Soloinstrument die ich kenne, klanglich kaum zu überbieten.
Eingeleitet wird das Programm mit einer äußerst vitalen und opulenten Aufnahme der Konzertouvertüre op. 12 von Karol Szymanowski.