Kein Zweifel, Ekaterina Litvintseva, die uns bereits mit ihren Einspielungen der beiden Chopin-Konzerte, zweier Mozart-Konzerte und frühen Werken Rachmaninovs hellauf begeistert hat, zeigt auch auf ihrer neuen CD, dass sie eine außergewöhnlich feinfühlige Pianistin ist, die ihren Weg abseits vom Mainstream sucht. Es ist wieder eine CD, die dem frühen Rachmaninov gewidmet ist.
Neben den phantastisch gespielten Chopin-Variationen op. 22 macht auch ihre Interpretation der selten zu hörenden und kaum aufgenommenen ‘Morceaux de salon’ op. 10 hellhörig. Der junge Rachmaninov schuf damit ein siebenteiliges Werk, das verschiedene Stile wie Nocturne, Valse, Barkarole, Melodie, Humoreske, Romanze und Mazurka aufnimmt und entsprechend unterschiedliche Stimmungen und Farben aufzeigt. Ekaterina Litvintseva aber begnügt sich nicht mit einfachen Tongemälden, vielmehr hinterfragt sie auf sehr subtile Weise jede Note und erreicht gerade durch ihr reflektiertes, zurückgenommenes Spiel eine dynamisch abgestufte und transparente Wiedergabe.
Bei Litvintseva scheinen Linien, Kleinigkeiten und präzise eingesetzte Farbtupfer und Akzente eine sehr wichtige Rolle zu spielen. Dies kommt dann auch ihrer Interpretation der Chopin-Variationen sehr entgegen, die sie einerseits genau auffächert, ohne dabei aber den melodischen Fluss und die musikalische Einheit des Themas und der 22 Variationen zu brechen. Es ist eine wirkliche Kunst, diese kleinen Miniaturen – das ganze Werk dauert kaum 30 Minuten – so individuell und stark auszuleuchten, dass jede einzelne Variation wie ein funkelnder Edelstein klingt. Obwohl diese Rachmaninov-Werke nicht unbedingt zu den besten der Klavierliteratur gehören, ist das, was uns Ekaterina Litvintseva hier als Interpretin bietet, eine wirkliche Aufwertung der Musik.