Weil jemand ganz vorne im Saal mit seinem Handy ein Foto während des Konzerts mit Juan Diego Florez und den Solistes Européens Luxembourg machte, latschte ein Saaldiener mitten in der wunderschönen Donizetti-Arie Una furtiva lagrima durch den halben Saal, um dem Fotografen wild gestikulierend mitzuteilen, er solle sein Handy wegstecken. Das provozierte folgenden Kommentar von Pizzicato-Chefredakteur Remy Franck.
Es ist verboten, während Konzerten zu fotografieren oder Ton aufzunehmen. Das ist verständlich und auch richtig. Dass es für die Umsitzenden lästig ist, wenn jemand mit seinem Handy ein Foto macht, ist nicht zu bestreiten. Doch das ist und bleibt wohl immer die Ausnahme. Viel lästiger ist es, wenn ein Saaldiener durch den Saal latscht und ganz, ganz viele Leute beim Zuhören stört.
Gewiss, der wohl kulturell unbedarfte und völlig unsensible Mann hatte wohl nur seinen ‘Dienst’ getan, doch der Musik diente er damit nicht, höchstens dem Ober-Kulturbanausen, dessen unnuancierte, undifferenzierte und in der Substanz falsche Order er befolgte, möglicherweise sogar mit Stolz über die ihm verliehene Macht für privatpolizeiliche Interventionen. Daher muss letzten Endes dieser Ober-Kulturbanause am Pranger stehen, und im Namen der Kunst fordere ich, dass jemand, der noch über ihm steht, diesem unflätigen Treiben ein Ende macht. Ich zählte nicht weniger als sechs solcher Interventionen im Laufe des Abends, sechs Mal wurde das Publikum beim Musikhören erheblich gestört. Das kann und darf nicht sein!
Wenn schon Intervention, dann bitte zwischen den Arien oder, in anderem Fall, zwischen den Sätzen eines Konzerts oder einer Symphonie, aber keinesfalls während der Musik. Und warum wird in der Luxemburger Philharmonie nicht, wie in anderen Konzerthäusern, am Anfang per Durchsage klar und deutlich gemacht, dass Handys stummgeschaltet sein müssen und nicht zum Fotografieren benutzt werden dürfen. Ein Teil des Publikums mag das als lästig empfinden, aber weil ein anderer Teil dieses Publikums keine Manieren hat, ist dies absolut notwendig und auch sinnvoll.
Und wenn ich schon beim Austeilen bin, bekommt das Publikum noch mehr Schelte. Warum kommen so viele Leute zu spät zum Konzert? Wenn ein Konzert um acht Uhr beginnen soll, müssen alle mindestens fünf Minuten vorher an der Saaltüre sein, ohne Wenn und Aber. Und um Punkt acht Uhr sollen die Saaltüren geschlossen werden.
Wenn ein Zug 2 Minuten Verspätung hat, ärgern sich die Leute. Wenn ein Konzert mit fünf oder oft 10 Minuten Verspätung beginnt, ist das mittlerweile schon Normalität. Auch das kann und darf nicht sein.
Auch das Pausengebaren ärgert mich. In der Luxemburger Philharmonie wird nach der Pause dreimal geläutet. Beim ersten Läuten bleiben 90% an ihrem Foyer-Tisch sitzen und nippen am Glas. Andere halten sich stehend am Glas fest und tauschen mit anderen den letzten Society-Tratsch aus. Beim zweiten Gong passiert nichts anderes und erst beim dritten Mal setzen sich die Leute in Bewegung, gehen aber möglicherweise noch mal wohin und dann erst in den Saal, so dass sich die Pause endlos dahin zieht.
Mein Rat: ein Gong, fünf Minuten später werden die Türen geschlossen und wer noch nicht drinnen ist, bleibt draußen. Nur so kann der Disziplinlosigkeit weiter Teile des Publikums Einhalt geboten werden.
Dass die Dame neben mir in der Carmen-Ouvertüre, dem einzigen Stück wohl, das sie kannte, mitsummte, nahm ich ihr sehr übel und ich kann auch das nicht verstehen, wobei das mich noch weniger ärgerte als das Herumgetrampel der Saaldiener.
Und so fuhr ich am Ende, mich erneut über jenen gehirnamputierten und autofahrerfeindlichen Planer des Philharmonie-Parkhauses ärgernd, nach Hause, gottseidank mit zwei Seelen in meiner Brust, der verärgerten und der euphorisch begeisterten.