Vor fünfzehn Jahren war die luxemburgische Komponistin Helen Buchholtz eine komplett Unbekannte, und selbst Lou Kosters Schaffen war nach deren Tod bei den allermeisten Musikern allmählich in Vergessenheit geraten. Doch in den vergangenen Jahren kam es zu einem Renouveau. CD- und Buch-Veröffentlichungen zeugen davon.
Zuerst gründete das Dokumentationszentrum ‘Cid / Fraen an Gender’ die beiden Komponistinnen-Archive Helen Buchholtz (2000) und Lou Koster (2003). Doch nicht nur das: man belebte die Archive mit zahlreichen Projekten, zuerst nur im Inland, anschließend auch im Ausland. Heute erlangen die beiden Musikerinnen allmählich neben der nationalen auch internationale Anerkennung.
Die ersten beiden CDs mit Werken der beiden Komponistinnen (Lieder von Lou Koster und Helen Buchholtz 2003, Der Geiger von Echternach 2010) erschienen noch im Eigenverlag (Cid / CNA) in Luxemburg, sie wurden, trotz guter Pressekritik im Inland, wegen fehlendem internationalem Vertrieb kaum über die Grenzen bekannt. Für die folgenden CD-Projekte gelang es allerdings renommierte Labels im Ausland als Partner zu gewinnen: 2011 erschien die CD ‘Helen Buchholtz – Piano Works’ bei cpo in Osnabrück.
Eine weitere CD kam beim französischen Label AR RÉ-SÉ heraus: ‘Lou Koster: French Songs’, und eine dritte ‘Lou Koster: Valses et Oeuvres symphoniques’ bei Naxos. Für 2016/2017 ist eine weitere CD beim Münchner Label Solo Musica geplant.
Im Verlag Böhlau ist ferner das Buch ‘Komponistinnen in Luxemburg’ erschienen, das aus einem deutsch-österreichisch-luxemburgischen Forschungsprojekt entstand. Beteiligt waren die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und die Universität Luxemburg. Auch die internationale Tagung ‘Helen Buchholtz & Lou Koster– Komponistinnen in Luxemburg’ mit Teilnehmern aus Deutschland, Luxemburg und Österreich fand im Buch ihren Niederschlag.
Der Band präsentiert neue Forschungsergebnisse zu Lou Koster und Helen Buchholtz ebenso wie Beiträge zu den Liedern von Helen Buchholtz oder Lou Kosters Werk ‘Der Geiger von Echternach’. Mehrheitlich werden aber allgemeine Themen angesprochen, wie kulturelle Identitäten, das Konzept der ‘Mischkultur’, ‘Musikalische Analyse und Gender’, ‘Das Phänomen Kitsch’, ‘Musikkulturelle Praktiken als Themen in auto/biografischen Dokumenten von Frauen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts’ und anderes mehr. Die strikt wissenschaftlich aufbereiteten Texte sind oft hochgestochen und umfassend. Schade ist, dass die Spezifizität des Luxemburger Musiklebens allgemein in dieser für ein internationales Publikum konzipierten Publikation zu kurz kommt, und vergessen wurde, die Komponistinnen in ihrem Umfeld richtig zu situieren.
Hoch interessant sind die ca. 30 Seiten mit historischen Photos. Dem Buch liegt auch eine CD mit Werken von Lou Koster und Helen Buchholtz bei.
Komponistinnen in Luxemburg
Helen Buchholtz (1877–1953) und Lou Koster (1889–1973)
Herausgegeben von: Danielle Roster und Melanie Unseld
2014, 317 S., mit Audio-CD.
Verlag Böhlau
978-3-412-22185-0