Ein interessantes Dokument von 1988: Sir Colin Davis geht die ersten fünf Lieder mit viel theatralischem Gespür an, so als wolle er das Artifizielle der Texte hervorstreichen und ihren tieferen Sinn mit dem Affekt eben dieser kleinen Welt von chinesischem Porzellan hinterfragen.
Kenneth Riegels Stimme eignet sich recht gut für die Tenor-Partie: hell, klar, schlank und kräftig. Dem Text, den er gut artikuliert und ebenfalls sehr theatralisch pointiert gestaltet, misst er eine große Bedeutung zu. Und mit seinem technischen Fähigkeiten kann er es sich durchaus erlauben das zu tun, was die meisten Tenöre nicht schaffen, weil sie sich zu sehr auf die Technik konzentrieren müssen: er kann gestalten! Das gelingt Doris Soffel in den ersten Liedern nicht ganz so gut, weil sie die nötige Losgelöstheit nicht erreicht. Dafür überzeugt sie mit einem Abschied, den sie in gewisser Weise zu idealisieren versucht, ein Anliegen, das freilich immer wieder von düsteren Gedanken zunichte gemacht wird. Der Stimmungswechsel zwischen den ‘Vögeln in den Zweigen’, die Davis noch kräftig zwitschern lässt und ‘Die Welt schläft ein’ mit einer ergreifend gestalteten Leere ist absolut phänomenal. Und solche Kontraste gibt es etliche in diesem Lied, das Davis und seine Sängerin wie aus einem Geist heraus kongenial gestalten. Das kommt vor allem durch die Farben und die Akzente, mit denen der Dirigent die Partitur sprechen lässt.
Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks setzt das Dirigat von Colin Davis sehr wach, feinfühlig und transparent, gleichzeitig aber auch intensiv und klangbewusst um, sodass zwischen Gefühlen von Freude und jenen von tiefstem Schmerz alles deutlich wird, was eine menschliche Seele empfinden kann. Eine beglückende Aufnahme!