Emmanuel Séjourné: Attraction for Marimba, Vibraphone, Percussion and Tape; Iannis Xenakis: Rebonds A et B for Solo Percussion; Arvo Pärt: For Anna Maria + Variations for the Healing of Arinushka; Andrew Thomas: Merlin for Solo Marimba; Bruce Hamilton: Interzones for Vibraphone and Tape; John Psathas: One Study One Summary for Marimba, Junk Percussion and Tape; Christoph Sietzen, Schlagzeug; 1 CD Genuin GEN 17455; Aufnahme 06/2016, Veröffentlichung 06/2017 (65'27) - Rezension von Remy Franck

Eine rundum stupende Solo-Performance des jungen luxemburgisch-österreichischen Perkussionisten Christoph Sietzen ist auf dieser CD zu hören. Sie bestätigt unsere Eindrücke einer Live-Darbietung in der Luxemburger Philharmonie, bei der Sietzen einen Teil des Programms spielte, und zwar die Stücke von Xenakis, Thomas und Psathas.

Mit ‘Rebonds A & B’ von Iannis Xenakis und seinen frenetischen Rhythmen, die am Ende in Stille kollabieren, zeigt Sietzen mit einem faszinierenden Klangsinn und einer fast transehaften Energie die ganze Komplexität dieses zwischen 1987 und 1989 entstandenen Meisterwerks der Schlagzeugliteratur. Sietzen gelingt es, die Räumlichkeit der Musik von Xenakis wunderbar zu strukturieren. So muskulös die Darbietung auch sein mag, so sehr beeindruckt sie auch durch ihre gleichermaßen archaisch-elementare und elegante Musikalität.

Nun muss ich gleich hier einfügen, dass das Fehlen des visuellen Elements, das durchaus wichtig ist bei Sietzens Spiel, durch die Klanglichkeit der CD mehr als nur aufgewogen wird. Der extrem ‘saubere’, direkte Klang der Aufnahme, mit kräftigen, aber sehr natürlichen. d.h. nie dröhnenden Bässen sowie einer herausragend guten Stereo-Balance, lassen die Musik mehr als im Konzert zum physisch erfahrbaren Erlebnis werden. Großes Lob daher auch an Piotr Furmanczyk und Michele Gaggia, die für einen tollen Sound gesorgt haben!

Für sein Stück ‘Merlin’ inspirierte sich der amerikanische Komponist Andrew Thomas in Edwin Arlington Robinsons gleichnamigem Gedicht über die Zerstörung von König Arthurs Hofstaat. Die Musik beginnt mysteriös – wunderbar sensualistisch dargeboten von Christoph Sietzen – und endet mit komplexen, ja fast chaotisch wirkenden Rhythmen, die Sietzen in einem großen Kraftaufwand strukturiert und zu einer kontrastreichen Musik bindet.

Das Stück ‘One study, one Summery’ des neuseeländischen Komponisten John Psathas verbindet vor dem Hintergrund einer präparierten Tonaufnahme ein Marimba und diverses Schlagzeug. Sietzen gelingt damit eine spektakuläre Performance.

Enorm beeindruckend sind auch die übrigen Werkle, die ich noch nicht live gehört hatte. Das beginnt mit Emmanuel Séjournés ‘Attraction’ für Marimba, Vibraphon, Percussion and Tape, ein Werk, das der Komponist Christoph Sietzen gewidmet hat. Vor den meist sehr ruhigen Hintergrundgeräuschen vom Band entwickelt es sich sehr farbig und kontrastreich, mit rasanten Läufen und sphärischen Klangflächen. Die musikalische Umsetzung durch den Widmungsträger ist spektakulär.

Arvo Pärts bekanntes und sehr kurzes Werk ‘For Anna Maria’ sowie das ein bisschen längere ‘Variations for the Healing of Arinushka’ hat Christoph Sietzen mit der Erlaubnis des Komponisten für Marimba transkribiert, und er spielt beide Kompositionen sehr einfühlsam, sehr stimmungsvoll in einem Akt spontaner Klangschönheit.

Bruce Hamiltons Werk ‘Interzones’ für Vibraphon und Tape ist eine extrem ‘gefederte’ Musik. Christoph Sietzen interagiert mit dem Tape, als bediene er sich einer Schleuder. Auch das Band schleudert ihm Töne zu, die er mit dem Vibraphon ‘anschlägt’. So kommt eine Art musikalisches Bungee zustande. Ein tolles, spannendes Stück, supertoll und superspannend gespielt!

Und so hinterlässt diese erste Solo-CD von Christoph Sietzen den Eindruck eines ungemein starken, hoch virtuosen und total kreativen Spiels, dessen kantable Qualitäten man nicht genügend herausstreichen kann, ob in raffinierten ‘Gesangslinien’ oder rasanten ‘Koloraturen’. Die Gestaltungsfähigkeit mit feinfarbigen Nuancen beruht natürlich auf technischer Präzision, aber die perfekte Balance zwischen Technik, spontan-kreativer Inspiration und einer auf der intensiven Ausgestaltung eines jeden Tones beruhenden Musikalität macht Sietzen so leicht keiner nach.

Awesome technique, unrelenting intensity, tremendous power, breath-taking speed, idiosyncratic presence and a profound musicality would be some of the superlatives needed to describe the talent of the Luxembourgish-Austrian percussionist Christoph Sietzen. This CD is a great musical achievement, matched by the skills of an extraordinary sound team, Piotr Furmanczyk and  Michele Gaggia  who ensured a very fine and natural sound recording.

 

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