(Remy Franck) – Dramatischer, zupackender und gestischer haben gewiss noch nicht viele Trios den ersten Satz der Reinecke-Bearbeitung von Beethovens Tripelkonzert gespielt. Transparenter und klangreicher wohl auch nicht. Auch nicht kontrastreicher. Kurz: ohne die Tempi zu strapazieren gibt das lettisch-litauische Trio Kremer, Dirvanauskaite & Osokins der Musik Energie und Gefühlskraft zwischen Fäusteballen und Streicheleinheiten.
Aufregendes passiert auch im langsamen Satz, wo gegen Schluss das düster gefärbte, manchmal dramatisch grollende Klavier sich gegen Violine und Cello stellt und deren warmes und inniges Spiel hinterfragt, so als habe es dieses satt. Osokins wertet dabei den Klavierpart gestalterisch deutlich auf und fällt auch durch eine besonders klare Tongebung auf. Doch: was sich liebt, neckt sich. Das ergibt einen absolut köstlichen Finalsatz mit viel Hin und Her.
Chopins Klaviertrio in g-Moll op. 8 von 1829 wird von den drei Musikern mit viel Leidenschaft gespielt. Dramatisch erklingen das Allegro con fuoco und das Scherzo. Das Adagio sostenuto wird mit viel Ausdruckskraft tiefschürfend ausgelotet, anfangs zartfühlend, wobei im Verlauf der sechs Minuten dieses Satzes dann immer mehr Wolken aufziehen. Das Finale Allegro gestalten Kremer, Dirvanauskaite & Osokins mit inspirierter Verspieltheit, und am Ende steht fest, dass diese Einspielung eine der besten, wenn nicht die beste dieses Stücks ist.
Not many trios must have played the first movement of Reinecke’s arrangement of Beethoven’s Triple Concerto in a more dramatic, gripping and gestural way. And probably not more transparent and richer in sound. Nor more rich in contrast. In short: without straining the tempi, the Latvian-Lithuanian trio Kremer, Dirvanauskaite & Osokins gives the music energy and emotional power.
Exciting things also happen in the slow movement, where towards the end the darkly coloured, sometimes dramatically rumbling piano takes on the violin and cello, questioning their warm and intimate playing as if it were fed up with it. Osokins clearly enhances the piano part and is also striking for one at the same time particularly clear tone. After this we are allowed to share an absolutely delicious final movement.
Chopin’s Piano Trio in G minor op. 8 from 1829 is played by the three musicians with great passion. The Allegro con fuoco and the Scherzo are dramatic, the Adagio sostenuto is played with great expressiveness, at first delicately, but in the course of the six minutes of this movement more and more clouds appear. Kremer, Dirvanauskaite & Osokins shape the finale Allegro with inspired playfulness, and in the end it is clear that this recording is one of the best, if not the best of the piece.
(Guy Engels) – ‘Musik der Ewigkeit’ überschreibt Karsten Blüthgen seinen Begleittext im Booklet, und er hat vollkommen Recht. Die Interpretationen, die wir hören, sind nicht nur Musik der Ewigkeit, sondern Musik für die Ewigkeit.
Gidon Kremer, Giedre Dirvanauskaite und Georgijs Osokins führen Beethovens Triple-Concerto auf seine kammermusikalische Essenz zurück. In dieser perfekten Bearbeitung von Carl Reinecke wird einem bewusst, wie feingliedrig große Symphonik zu denken, zu deuten und zu spielen ist. Nach dieser Maxime musizieren die drei Interpreten. Sie decken die Vielschichtigkeit von Beethovens Musik auf, geben der feinsten Nuance der Partitur Platz, reflektieren die Musik durch ihre exzellenten Rubati – Momente, in denen die Zeit kurz still steht, die Musik ihre Kraft voll ausstrahlen kann.
Chopins Klaviertrio gehen Kremer, Dirvanauskaitė und Osokins leidenschaftlicher an, lassen den Melodienreichtum der Partitur in wunderbarem Glanz erscheinen, immer auf dem Hintergrund eines mitschwebenden melancholischen Untertones. Zärtliche, traumhaft verinnerlichte Klänge entlockt das Trio dem Adagio, bevor es zu einem Finale in gelassener Heiterkeit anhebt.
Wie gesagt: Musik für die Ewigkeit!