So geschwätzig, quirlig und scharfzüngig kann eigentlich nur ein Franzose oder vielleicht auch noch ein Südländer den ‘Till Eulenspiegel’ dirigieren. Emmanuel Krivine durchleuchtet die Partitur mit einem LED-Strahler und dirigiert sehr erregt, mit kinematographischen Sinn und spitzer Zunge.Ach ja, jetzt wird mir alles klar: dieser Till, das ist Krivine selbst, wir hören das klangliche Selbstbildnis dieses Spötters wie er im Buche steht. Der Dirigent inszeniert sich selbst, und der Tod am Ende steht sinnbildlich für seinen Abgang als Chefdirigent, denn die vorliegende Produktion ist seine letzte mit dem Orchester. Aber sie ist absolut hinreißend, eine der lustigsten und kribbeligsten ‘Till’-Aufnahmen, die ich kenne. Und orchestral phänomenal! Die Luxemburger Philharmoniker zeigen sich hier von ihrer besten Seite.
Das zweite Werk ist auch ein Märchen, aber ein klanglich ganz anderes, Alexander Zemlinskys ‘Seejungfrau’ (The Mermaid). Nach Storgards Einspielung mit dem ‘Helsinki Philharmonic’ bei Ondine ist dies die zweite Aufnahme der neuen kritischen Fassung von 2013.
Krivine dirigiert die atmosphärisch dichte Fantasie nach Hans Christian Andersen mit viel Eleganz und Klangraffinement. Im Vergleich mit der Storgards-Aufnahme ist die Krivine-OPL-Fassung leidenschaftlicher und sensueller.
Schon im ersten Satz, der mit ‘Mässig bewegt’ überschrieben ist, wogt der Orchesterklang mit großartiger Intensität, und das Rauschen, das Zemlinsky für den zweiten Satz verlangt, wird ebenfalls prächtig umgesetzt. Umso wirkungsvoller gerät dann der schmerzvolle Ausdruck des Finalsatzes, den der viel intellektueller an die Musik herangehende Storgards nicht so emotional wiedergeben hatte.
Obschon die Ondine-Einspielung durch den Surround-Sound und eine insgesamt transparentere Aufnahme einen klaren Vorteil hat, behalten Krivine und die Luxemburger Philharmoniker die Nase vorn.