Auf zwei Stunden erstrecken sich die nunmehr neun Chemins von Luciano Berio, die er aus seiner Serie Sequenza entwickelt hat. Dazu hat er die zumeist originale Solostimme mit einer Ensemblebegleitung versehen, wobei er mit Größe und Besetzung sehr variabel umgegangen ist, um einen Kommentar zum Solo zu erstellen. Insofern mag man nicht von einem Zyklus sprechen und die Werke auch nicht so verstehen. Und trotzdem liegt ein Reiz darin, sie so vereint zu hören.
Entsprechend der vielfältigen Vorgaben sind verschiedene Dirigenten angetreten. Auch die Solisten kommen aus dem WDR-Sinfonieorchester selber oder sind angebundene Spezialisten für nur gelegentlich benötigte Instrumente; lediglich der Bratscher wurde extern besetzt. Dabei bieten die Werke großer Herausforderungen für alle Beteiligten. Vorgelegt wird die Mischung aus Studio- und Konzertmitschnitten, so dass die jeweils lebendigste Sicht erklingt.
Nachteil einer Aufnahme ist, dass die verschiedenen Besetzungen und Feinheiten gerade bei einer so anspruchsvollen Musik sicherlich nicht so leicht, wenn überhaupt, wahrzunehmen sind wie im Konzertsaal.
Die Werke haben den Berio typischen Ausdruck, der auch stilgerecht entwickelt wird. Vom fast verhaltenen ersten Weg mit Soloharfe, der den rein aufs Hören beschränkten Einstieg noch erschwert, geht es dann auf die wundervolle Entdeckungsreise, die sich sicher nur bei mehrmaligem oder gezielt partiellem Hören voll erschließen kann. Dass das WDR-Orchester und seine Solisten dieses Wagnis im Rahmen einer Konzertreihe eingegangen sind und nun auch nachhörbar vorlegen, ist zu loben. Die Verständlichkeit und die Entwicklung der Musik wird plastisch und auch belebt erreicht, so dass dieser Beitrag wertvoll ist, zumal auch die Teile einzeln kaum einmal den Weg in den Konzertsaal finden.
Neben der mustergültigen technischen Aufbereitung ist das informative Beiheft zu erwähnen, dass mit Erläuterungen zu den Werken und Interviews mit den Solisten sowie allen Angaben die Edition abrundet.