Noch vor einigen Jahren hätte diese Einspielung der Goldberg-Variationen von J.S. Bach wirkliche Furore gemacht. Inzwischen ist aber in Sachen Goldberg so viel passiert – immerhin hatten wir in den letzten Jahren fast jeden Monat einen neuen Interpretationsversuch auf CD vorliegen –, dass es immer schwieriger wird, neben all den wirklich guten Einspielungen einige herauszufinden, die noch näher an der Wahrheit dran sind und uns als Hörer auf eine neue Reise mitnehmen.
Lars Vogt, von mir hochgeschätzt und sicherlich einer der großartigsten und interessantesten Pianisten der Gegenwart, reduziert Bachs Variationswerk quasi auf ein Minimum. Sein Spiel ist sehr verhalten und konzentriert sich auf den Kern der Musik. Im Großen und Ganzen wirkt Vogts Interpretation sehr ernst; insbesondere in den schnellen Variationen vermisst man diesen gewissen Unterhaltungscharakter, dieses tänzerische Element, die anderen Pianisten in eher extrovertierten Einspielungen immer wieder gelingen. Die langsamen Variationen erreichen dafür eine ungewohnte Intensität, die gerade durch die Schlichtheit und Unaufdringlichkeit von Vogts Spiel verstärkt werden und dem Hörer so einen Blick ‘hinter den Spiegel’ ermöglichen. Geht man nun von diesem Ernst und dieser Tiefe aus, dann wird auch Vogts Konzept der Gestaltung der schnellen Passagen plausibel. Dennoch kennt man heute Aufnahmen der Goldberg-Variationen, die dieses Werk globaler besser beleuchten als Vogt es mit seiner sicherlich interessanten und ungewöhnlichen Sichtweise tut.
A very personal yet interesting account of the Goldberg Variations. Lars Vogt plays in a rather retained manner, preferring a deeper intensity to a more extrovert and dancing music.