Diese DVD ist vermutlich nur ein Produkt für eine eingeschränkte Zielgruppe. Doch sie bietet tiefe und mit viel Wärme geschilderte Einblicke in das Leben einer privaten Musikschule in Tbilisi, der Hauptstadt Georgiens. Gerade der Ostblock war einstmals als Hüter seines kulturellen Erbes bekannt, da er so auch berühmte Künstler exportieren und die Überlegenheit des Systems zeigen konnte. Umso bedrückender ist es, diese völlig verarmte und zerfallende Musikschule zu sehen. Und man kann nur bewundern, mit welcher Hingabe und familiären Zuwendung die Lehrerschaft über die Mängel hinweg agiert. So müssen die Kinder nicht nur in einem herunter gekommenen Gebäude unterrichtet werden, sondern beispielsweise Klaviere mit kaputten Tasten überstehen. Ausgeglichen werden diese Nachteile durch die Lehrkräfte, die mehr Freunde und Ratgeber als Beibringende sind. Das wird auch dadurch deutlich, dass die älteren Damen Oma genannt werden. Es mag ein, wenn auch schwacher, Trost für diese Musikschule sein, dass auch im westlichen Europa das Geld lieber in Prestigeobjekte als in Schulen gesteckt wird, obwohl Kinder die Zukunft eines Staates sein können.
Die Schule gibt nur den Begabtesten Georgiens die Möglichkeit, hier unterzukommen und sich unterrichten zu lassen. Dazu gehörte auch Lisa Bathiashvili, die den Absprung geschafft hat und heute eine weltbekannte Solistin ist. Sie widmet sich einer jungen Geigerin und vermittelt dieser eine Stunde bei der bekannten Geigenlehrerin Ana Chumachenco. Vielleicht wird man von der jungen Dame irgendwann einmal hören, wenn auch sie den Absprung schafft.
Wobei genau dieser Absprung auch ein Problem für Georgien ist. Da auch die Gehälter der Lehrer selbst für dieses Land extrem niedrig sind, das alle, die es ermöglichen können, dem Land den Rücken kehren und damit intellektuell das Land ausbluten.
Natürlich wird auch Musik gemacht. Stücke im Ganzen sind in diesem Kontext nicht zu erwarten. Es gibt nur Happen zu hören. Vornehmlich handelt es sich um Szenen, die das liebevolle kindgerechte Unterrichten durch die erfahrenen und nimmermüden Dozenten zeigt, die trotz aller Widrigkeiten ihre Verpflichtung wahrnehmen und das Erbe der beinahe 100-jährigen Geschichte weiterführen; immer noch, unermüdlich. In einer Passage wird beim Besuch von Lisa Bathiashvili gezeigt, wie sie mit Lehrern zusammen ein mutmaßlich modernes georgisches Quartett probt und aufführt.
Ein Jahr lang hat Marita Stocker die Musikschule regelmäßig besucht und in dieser Zeit das gefährdete Erbe begleitet. Mit Bildern, die nah und persönlich an den Personen bleiben, hat sie ein Zeitdokument geschaffen, dessen Subjekt hoffentlich eine Zukunft hat.