Rossini komponierte seine Opera buffa L’Italiana in Algeri in nur 18 Tagen. Dies erklärt vielleicht auch, wieso sich die Musikstücke so nahtlos folgen und einen großartigen musikalischen Fluss erzielen. Nun gibt es keinen Mangel an guten Aufnahmen der Oper, und ich denke dabei in erster Linie an die Abbado-Version (DG) oder Scimones Einspielung mit der unvergleichlichen Marilyn Horne als Isabella (Erato).
Es wäre vermessen, diese Liveaufnahme mit den beiden Studioproduktionen zu vergleichen. Sie kann an orchestralem Raffinement und an stimmlichem Glanz nicht bieten, was den beiden genannten Aufnahmen eigen ist. Sie leidet vor allem unter einer unausgewogenen Tonaufnahme. Auf der andren Seite hat sie aber auch deutliche Vorzüge.
Da ist erst einmal die ungeheure musikalische Spontaneität, die Dirigent Jakob Lehmann erreicht. Bemerkenswert ist auch das historisch informierte Orchesterspiel, das auf Anhieb durch seine trockene Schärfe und seine feine Ziselierung ungewohnt wirkt und auch durch einen seltenen Detailreichtum auffällt. Sehr ausgefallen ist die Betonung des Bassfundaments mit drei Kontrabässen (gegenüber 11 Geigen).
Ungewöhnlich ist auch die aus Hammerklavier, Cello und Kontrabass bestehende Continuogruppe.
Das Sängerensemble ist jung und singt mit Feuereifer. David Ostrek ist ein angenehm singender (d.h. nicht übertreibender) Mustafa, Hannah Ludwig eine charakterstarke und stimmlich durchaus beachtliche, volltönende Isabella.
Tenor Milos Bulajic fehlt es allerdings an Leichtigkeit und stimmlicher Geschmeidigkeit, um die Rolle des Lindoro zufriedenstellend zu gestalten. Recht schwach ist auch der Chor. Aber diese wenigen Negativa werden durch die generelle Frische der Produktion aufgewogen.
Rossini composed his opera buffa L’Italiana in Algeri in only 18 days. This may explain why the musical pieces follow each other so seamlessly and achieve a great musical flow. There is no shortage of good recordings of the opera, and I am thinking of the Abbado version (DG) or Scimone’s recording with the incomparable Marilyn Horne as Isabella (Erato).
It would be presumptuous to compare this live recording with either studio production. In terms of orchestral refinement and vocal splendor, it cannot match either of those recordings. Above all, it suffers from an unbalanced recording. On the other hand, it has clear advantages.
First of all, there is the enormous musical spontaneity achieved by conductor Jakob Lehmann. Also noteworthy is the historically informed orchestral playing, which is unusual for its dry sharpness and fine chasing, but stands out for its rare richness of detail. The emphasis on the bass foundation with three double basses (as opposed to 11 violins) is very unusual.
The continuo group of fortepiano, cello, and double bass is also unusual.
The vocal ensemble is young and sings with enthusiasm. David Ostrek is a pleasantly singing (i.e. not exaggerating) Mustafa, Hannah Ludwig a characterful and vocally quite remarkable, full-sounding Isabella.
Tenor Milos Bulajic, however, lacks the lightness and vocal suppleness to make the role of Lindoro satisfying. The chorus is also rather weak. But these few negatives are outweighed by the overall freshness of the production.