Obwohl man im ersten Saisonkonzert des Philharmonischen Orchesters Luxemburg eine sehr interessante Deutung der 3. Symphonie von Johannes Brahms erleben konnte, so gehörte doch der Abend dem weltbekannten Bass-Bariton Bryn Terfel, meint Alain Steffen in seiner Konzertkritik.
Gustavo Gimeno und das ‘Orchestre Philharmonique du Luxembourg’ begannen ihr erstes Konzert dieser Spielzeit mit der wohl sperrigsten und beim Publikum eher unbeliebten 3. Symphonie von Brahms. Es liegt wohl daran, dass jeder der vier Sätze sehr ruhig und besonnen ausklingt und somit kaum zum Jubel anfeuert. Gimeno versuchte dann auch, die Zwiespältigkeit dieser Symphonie darzustellen. Nach einem etwas oberflächlich-heroischen Einstig, der wohl so gewollt war, begann Gimenos Interpretation im letzten Drittel des Kopfsatzes an Tiefe und Dramatik zuzulegen. Die pastorale Atmosphäre wurde in jedem Satz immer wieder durch Akzente, Wendungen und Stimmungswechsel gebrochen, so dass das Publikum keine wirklich schöne und fließende Symphonie hörte, sondern ein überlegtes Werk, was sich immer selbst in Frage zu stellen schien und am Ende mehr Fragen offen ließ als Antworten gab. Natürlich hilft diese wenig musikantische Herangehensweise der Dritten nicht unbedingt, sich beliebter zu machen. Aber Gimeno ist hier der musikalischen Wahrheit sehr nahe gekommen, und die Wahrheit ist eben nicht immer etwas, das gefällt. Die makellose Leistung des OPL bewährte sich dann auch im zweiten Konzertteil.
Und diese zweite Hälfte begann dann eher schwach. Gimeno gelang es erstaunlicherweise nicht, die dramatische Essenz der Don-Giovanni-Ouvertüre von Mozart auszuloten, ja er verzichtete komplett auf düstere Momente – Don Giovanni ist ein ‘dramma giocoso’! – sondern ging mit größter Virtuosität und Brillanz an die Musik heran. Das klang dann alles wunderschön, zumal das OPL herrlich spielte, der Ton der Musik wurde aber nicht getroffen.
Danach trat der mit Spannung erwartete Bryn Terfel auf, ein Sänger, der für die Bühne geboren ist, und sämtliche Figuren, die er an diesem Abend darstellte, auch komplett auslebte. Wenn wir auch von Schöngesang und noblem Stil weit entfernt sind, so ist Terfel ein enorm präsenter und expressiver Sänger-Darsteller, der es bei seinem Vortrag nicht scheut, stimmliche Risiken einzugehen.’Le Veau d’or’ aus Gounods Faust und ‘Son lom spirito’ aus Boitos ‘Mefistofele’ rissen das Publikum dann ebenso vom Hocker wie ‘L’onore! Ladri’ aus Verdis letzter Oper ‘Falstaff’.
Dazwischen dirigierte Gustavo Gimeno eine stimmungsvolle ‘Sinfonia’ aus Verdis ‘La Traviata’. Die beiden letzten Stücke waren Richard Wagner gewidmet. Das OPL und hier vor allem die Blechbläser glänzten in dem rasant genommenen Vorspiel zu 3. Akt der Oper ‘Lohengrin’. Den Abschluss machte dann Bryn Terfel mit dem gewaltigen Monolog ‘Die Frist ist um’ aus ‘Der Fliegende Holländer’. Auch hier war man von Terfels Diktion und Interpretation einfach nur gebannt. Das Publikum jubelte und erklatschte sich noch drei Zugaben: ‘If I was a rich man’ aus dem Musical ‘Anatevka’ sowie zwei stimmungsvolle walisische Lieder.