Philharmonie Luxembourg
(c) Wade Zimmermann

Die erste Ausgabe des Festivals ‘atlântico’ in der vergangenen Spielzeit war ein großer Erfolg. Nun widmet die Philharmonie der Musik des portugiesischen Sprachraums erneut eine ganze Konzert-Woche.
Geschichte und Sprache sind für die Identität von Regionen, Nationen und Menschen ebenso bestimmend und verbindend wie musikalische Traditionen. Wie es in einem Lied von Caetano Veloso heißt, weiß «jeder um das Glück und Leid, zu sein, was er ist». Wie bereichernd daher die Verschiedenheit und Verknüpfung von Traditionen sein kann, dafür ist die Diaspora aus der lusophonen Welt ein Beispiel. Über Jahrzehnte hat sie die luxemburgische Gesellschaft geprägt. Heute stammt fast ein Fünftel der Einwohner des Großherzogtums aus portugiesischsprachigen Ländern.
Das feiert die Philharmonie mit Melodien und Rhythmen aus Brasilien, Portugal und den Kapverden. Zu Gast bei ‘atlântico’ sind Musiker aus Portugal und Brasilien wie die Fadosängerin Carminho, der Bossa-Nova-Star Vinícius Cantuária, die Jazzsängerin Maria João, der Experimentalist Egberto Gismonti und das Multitalent Rodrigo Leão. Erstmals mit dabei: das Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter dem Dirigat von Pedro Neves mit symphonischen Werken von Luís de Freitas Branco und Heitor Villa-Lobos, gefolgt von Roberta Sá und dem Jazz-Duo Anat Cohen und Marcello Gonçalves, die Arrangements berühmter brasilianischer Lieder zu Gehör bringen. Zum Festival gehört außerdem eine von der Philharmonie eigens für Kinder in Auftrag gegebene Komposition, vorgetragen von dem Akkordeonisten-Quartett Danças Ocultas. Pünktlich zur Halbzeit des Festivals lädt die Band zum traditionellen Lunch- Konzert bei freiem Eintritt ein.

05.10.2017 20:00
Centre Culturel Portugais
Pre-Opening of «atlântico»
«Alémfado» -João Vasco
«Alémfado» ist ein Multimedia-Recital für Solo-Klavier und Video. Das Programm versammelt zwölf berühmte Fados in musikalischen Neuinterpretationen, die aus Auftragsarbeiten des Pianisten João Vasco und dem Fado-Museum Lissabon hervorgegangen sind. Zu den Rekompositionen und Bearbeitungen für Klavier solo von António Victorino de Almeida, Mário Laginha, João Madureira, Vasco Mendonça, Pedro Faria Gomes, Ruben Alves, Eduardo Jordão und Ian Mikirtoumov tritt ein neues Werk des Pianisten Mário Laginha. Zur Aufführung kommen die Stücke im Dialog mit Projektionen von filmischen Bildern aus Lissaboner Bairros, die mit der Geschichte des Fado aufs Engste verknüpft sind. Vasco hat sie auf Streifzügen durch Alfama, Bairro Alto, Mouraria oder Graça selbst aufgenommen. So erwacht das musikalische und architektonische Erbe Lissabons an diesem Abend in Luxemburg gleich in zweifacher Hinsicht zu neuem Leben.

07 + 08.10.2017 11:00, 15:00 & 17:00
Espace Découverte
«Les Neiges de l’Algarve»
Danças Ocultas
Ein musikalisches Zauberwerk für Kinder: Auf dem Flohmarkt entdecken einige Freunde ein Märchenbuch. Darin findet sich die Geschichte von einer traurigen Königin, die die Schneelandschaft ihrer Heimat vermisst. Ihr Gatte, der König eines sonnigen Reiches, möchte seine Liebste wieder zum Lächeln bringen. Doch wie soll er ihre Sehnsucht nach Schnee stillen? Vier Akkordeonisten, eine Tänzerin und ein Jongleur bringen das portugiesische Volksmärchen auf die Bühne und setzen alles daran, dem König zu helfen. Ob es ihnen wohl gelingen wird, Schneeflocken herbeizuzaubern? Mit ein bisschen Fantasie soll ja bekanntlich einiges möglich sein …
Artur Fernandes, Filipe Cal, Filipe Ricardo,
Francisco Miguel accordéon diatonique
Roberta Ruggiero danse, comédie
Louis Terver jonglage, comédie
Lionel Ménard conception, mise en scène
Vanessa Vérillon scénographie
Pascal Laajili lumières
Sigrid Herfurth costumes, décors, accessoires

08.10.2017 18:00
Salle de Musique de Chambre
«Vinícius Cantuária sings Tom Jobim»
Vinícius Cantuária
Ein Mann, eine Gitarre und Lieder, die zu Herzen gehen: Das hat Tradition in der Geschichte der Bossa Nova. Ein Meister dieses Ur-Formats war der Brasilianer Antônio Carlos «Tom» Jobim, der ein schier unerschöpfliches Repertoire von Songperlen geschrieben und in dem Dichter Vinícius de Moraes einen kongenialen Texter für seine Lieder gefunden hat. Gemeinsam schufen die beiden viele Klassiker der Bossa Nova.
Der Gitarrist und Sänger Vinícius Cantuária fand erst über Umwege in vielen anderen Genres und Ländern zu Jobims Musik. Nun verbeugt er sich mit seinem Programm in der Philharmonie vor dem großen Komponisten und dessen Hausgitarristen João Gilberto. Wie es sich für eine Heimkehr nach einer langen künstlerischen Reise gehört, klingen diese Coverversionen wie eine musikalische Ankunft bei den eigenen Wurzeln. So leicht und spielerisch, als seien sie gerade erst geschrieben worden.

08.10.2017 20:00
Grand Auditorium
«Life is Long»
Rodrigo Leão & Scott Matthew
Der portugiesische Komponist Rodrigo Leão, einst Songwriter und Keyboarder des weltbekannten Ensembles Madredeus, scheint nach einer jahrelangen Solokarriere nun einen Seelenverwandten gefunden zu haben: Nach Ausflügen in die Welt der Popmusik und des Indie Rocks hat er sich mit dem australischen Sänger und Songschreiber Scott Matthew, einem großen Melancholiker, zusammengetan. Ihr gemeinsames Album «Life is Long» überzeugt mit sehnsuchtsvollen Melodien, tiefgründigen Songtexten und nostalgischem Gesang. Eingespielt in Lissabon, der Hauptstadt der saudade, führen die 13 Songs vor, was Matthews einmal als sein musikalisches Credo bezeichnet hat: dass Musik ein «therapeutisches Werkzeug» ist. Zugleich zeigen sie zwei große Musiker auf dem Höhepunkt ihres Talents.
Rodrigo Leão claviers, guitare basse
Scott Matthew guitare, voix
João Eleutério guitare, guitare basse
Viviena Tupikova claviers, violon
Frederico Gracias batterie
Marco Alves trombone

10.10.2017 12:30
Grand Auditorium
Lunch Concert: Danças Ocultas
Auch in der zweiten Edition des «atlântico»-Festivals wieder dabei: ein Lunch Konzert mit freiem Eintritt. Diesmal präsentiert das Quartett Danças Ocultas zu diesem Anlass eigene Kompositionen für vier diatonische Akkordeons, in Portugal concertinas genannt.
Danças Ocultas
Artur Fernandes, Filipe Cal, Filipe Ricardo,
Francisco Miguel accordéon diatonique

11.10.2017 19:00
Mer / Mi / Wed
Salle de Musique de Chambre
Tcheka
Er war Fischer und Kameramann, bevor er zu einer der wichtigsten Figuren der aktuellen Musikszene der Kapverden wurde. Der Mann mit der bewegten Vita, «der mit seiner flirrenden Gitarre und der Stimme eines Chamäleons in ergreifenden Sprüngen mit Eleganz die traditionellen Rhythmen seiner Insel erneuert.» (Télérama). Der Poet, Sänger und Gitarrist Tcheka, eigentlich Manuel Lopes Andrade, gehört zu den wichtigsten Vertretern der aktuellen Musikszene auf den Kapverden. Der Sohn eines bekannten Geigers präsentiert im Kammermusiksaal sein neues Solo-Programm «Boka Kafé», ein musikalisches Amalgam, das sich jeder Kategorisierung entzieht. In seinem individuellen Stil verbinden sich globale Musikeinflüsse und eine tiefe Verwurzelung in der heimatlichen Tradition.
Tcheka ist in allen Genres der Inselwelt zu Hause, von Afro-Rhythmen bis zu melancholischen portugiesischen Klängen. Wenn die Kategorisierung also auch schwerfällt, so steht eines doch fest: Es ist nicht immer ganz leicht, bei dieser Musik ruhig auf den Stühlen sitzen zu bleiben!

12.10.2017 18:00
Salle de Musique de Chambre
Maria João & Egberto Gismonti
Mit diesen beiden herausragenden Persönlichkeiten der zeitgenössischen Musik kommen zwei Grenzgänger der musikalischen Genres zu einem Fusion-Konzert in der Philharmonie zusammen: Maria João, die zu den berühmtesten Sängerinnen Portugals gehört, und der brasilianische Gitarrist Egberto Gismonti, der von Kritikern und Publikum auf der ganzen Welt gefeiert wird, zeichnet ein kulturübergreifender Stil aus. Beiden gemeinsam ist, dass sie mit ihren individuellen Vorlieben und Fähigkeiten traditionelle Musik neu zu definieren verstehen. Auf ihren motivischen Wanderungen durch Fado, Bossa Nova, die europäische Salonmusik und afrikanische Rhythmen öffnen sich die Grenzen zwischen Jazz, Rock, Folk und zeitgenössischer Musik.

Maria João voix
Egberto Gismonti piano, guitare
13.10.2017 19:00
Grand Auditorium
«Lisboa − Rio − São Paulo»
OPL/Neves/Roberta Sá/Anat Cohen/Marcello Gonçalves
In diesem Jahr findet im Rahmen des «atlântico»-Festivals zum ersten Mal auch ein Konzert des Orchestre Philharmonique du Luxembourg statt. Auf dem Programm stehen Werke zwei der wohl wichtigsten Komponisten der lusophonen Gebiete der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Luís de Freitas Branco aus Portugal und Heitor Villa-Lobos aus Brasilien. Dirigiert wird das luxemburgische Orchester dabei von dem jungen portugiesischen Dirigenten Pedro Neves.
Im zweiten Teil des Konzerts bringen Roberta Sá in Begleitung der Klarinettistin Anat Cohen und Marcello Gonçalves auf der siebensaitigen Gitarre Arrangements brasilianischer Lieder zu Gehör. Cohen und Gonçalves, die regelmäßig gemeinsam als Jazz-Duo auftreten, treffen hier auf eine der bekanntesten Sambasängerinnen Brasiliens. Diese Kombination hochkarätiger musikalischer Talente verspricht einen unterhaltsamen und vergnüglichen Ausklang des Konzerts, das einen kühnen Brückenschlag zwischen den Küsten Portugals und Brasiliens wagt.
Luís de Freitas Branco: Paraísos Artificiais
Heitor Villa-Lobos: Bachianas Brasileiras N° 4
Popular Brazilian Songs

13.10.2017 22:00
Espace Découverte
The Legendary Tigerman
The Legendary Tigerman ist eine eklektizistische Ein-Mann-Band aus Portugal und der Künstlername, unter dem der Blues-Musiker Paulo Furtado solo auftritt. Das Multitalent spielt mehrere Instrumente gleichzeitig und experimentiert zugleich mit visuellen Kunstformen, schreibt Filmmusiken und hat sich in verschiedenen Bands und Musikstilen von Punk und Rock über Funk, Soul und Blues ausprobiert. 2014 gelang ihm mit dem Album «True» der Sprung an die Spitze der portugiesischen Hitparaden, diesmal mit Verstärkung von Streichern und einer Band. Die Story des Legendary Tigerman ist daher auch die Geschichte eines ausdauernden Selbstgestalters, der sich immer wieder neu zu definieren versteht. Und so soll es auch weitergehen: «Misfits» heißt die nächste Runde, das Album erscheint Anfang 2018. Bei seinem Konzert im Espace Découverte testet er in Begleitung eines Trios schon einmal, wie es beim Publikum ankommt. Der Saal wird für dieses Konzert in einen Club verwandelt, um dem Genre und der Ausstrahlung des Künstlers gerecht zu werden.

14.10.2017 20:00
Grand Auditorium
Carminho
Spätestens seit Carlos Sauras Film Fados aus dem Jahr 2007 gilt Carminho als Hoffnungsträgerin und neue Stimme der Gattung. Diese Erwartungen löste die Sängerin mit ihrem ersten Album 2009 ein, das den simplen Titel «Fado» trägt und 39 Wochen lang die Charts anführte. Ihre Lieder zeugen von einer Stimme mit großer Wandelbarkeit, deren Timbre sich jedem Wort eines Liedtextes anzupassen und trauriger Schönheit Ausdruck zu verleihen vermag. In der Philharmonie interpretiert Carminho neben eigenen Stücken auch Songs der 1994 verstorbenen Bossa-Nova-Ikone Tom Jobim und knüpft damit enge musikalische Beziehungen zwischen Portugal und Brasilien: Ihr sehnsüchtiger Fado fügt sich so wohlig in die Bossa-Nova-Klangdecke ein, dass sich kaum nachvollziehen lässt, wo das eine aufhört und das andere beginnt.

14.10.2017 20:00
Foyer
Filarmônica de Pasárgada
Das Oktett um den brasilianischen Sänger und Gitarristen Marcelo Segreto wurde noch zu Studienzeiten 2008 gegründet, um dem Gelernten etwas Eigenes gegenüberzustellen. Bereits zwei Jahre später war es auf nationalen Festivals zu hören, 2012 folgte das erste Album «O Hábito Da Força». Dieser Erfolg verdankt sich nicht zuletzt der Vielseitigkeit des musikalischen Konzepts. Denn mit klassischen Instrumenten wie Gitarre, Klarinette und Fagott knüpft Filarmônica de Pasárgada an die Klangsprache der zeitgenössischen Musik an, während Keyboards, Kontrabass und Schlagzeug den Weg in die Soundgefilde von Jazz und Improvisation ebnen. Der Laptop stellt außerdem einen Link zur Elektronik her. Mit dem aktuellen Album «Algorritmos» wendet sich Filarmônica dem allgegenwärtigen Phänomen der medialen und viralen Vernetzung zu. Kaum überraschend, dass die musikalische Umsetzung in den sozialen Netzwerken für große Aufmerksamkeit gesorgt hat − und für viele Likes.

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