Johannes Brahms hat von seinem frühen Klaviertrio op. 8 bis zur Klarinettensonate op. 120 über lange Jahre eine breite Palette an Kammermusik geschaffen. Nach einigen größer besetzten Werken entstanden nach vielen nicht überlieferten Versuchen die drei uns bekannten Quartette. Das jüngste, das B-Dur Quartett, zeichnet sich durch eine bei Brahms nicht so oft zu findende Heiterkeit und Leichtigkeit aus, er selbst sah es als ‘das Verliebteste, Zärtlichste’ an, dass er je komponiert habe. Seine kompositorische Kunst kann man im vierten Satz bestaunen, wenn er Themen des ersten Satzes in den Variationen des vierten Satzes einbaut und sogar in der Coda über das Variationsthema legt.
Arnold Schönbergs zweites Quartett steht am Beginn des Übergangs zur Zwölftonmusik und zu kürzeren, kompakteren Ausdrucksmöglichkeiten, ohne jedoch schon über diese Klippe zu springen. Es bewahrt die zyklische Form in vier Sätzen, und jeder Satz endet auf der Tonika dieses Abschnitts, wenn auch im Verlauf die Beziehungen zur Grundtonart durchaus sehr weit sein können. Aber etwa im Vergleich zu Beethovens op. 131 ist die Form sowohl nach Inhalt als auch Ausdruck weitaus knapper. Für Schönberg selber war dieses Werk sehr wichtig, allerdings fehlt hier noch der Schritt vorwärts. Bemerkenswert sind der dritte und der vierte Satz, die Gedichte von Stefan George mit der Musik verweben. Die Litanei bedient sich des Modells Thema mit Variationen, die Entrückung erinnert an eine Sonatensatzform, so dass beide nicht einfach als Lieder oder Arien vertont sind.
Bereichert werden diese beiden Werke durch drei für Sopran und Streichquartett bearbeitete Lieder von Brahms. ‘Wie Melodien zieht es mir’ von Klaus Groth und die aufeinander bezogenen ‘Sommerabend’ und ‘Mondenschein’ auf Heinrich Heine-Texte bilden eine kleine, aber feine Ergänzung für die Quartette.
Das Kuss Quartett findet für das Brahms-Quartett und seinen in diesem Quartett leichteren lyrischen Ton den passenden runden Klang. Die Musiker zeichnen eine positive Sicht und hauchen dem Werk ihren warmen Atem ein.
Dem Schönberg-Quartett kommt ein gleichgelagerter Ansatz zugute. Ihnen gelingt auf der Basis ihrer ausgezeichneten Voraussetzungen eine Interpretation, die viele Hörer verdient.
Mojca Erdmann ist mit ihrer erdigen Stimme eine geeignete Protagonistin sowohl für die Lieder von Brahms als auch für das Quartett von Schönberg. Sie vereint sowohl die notwenige Attacke als auch die wohlklingende Fülle.