Die Schweizer Pianistin Béatrice Berrut spielt Werke aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende in eigenen Bearbeitungen. Sie beginnt mit einer Transkription des Adagiettos aus Mahlers Fünfter Symphonie und zeigt gleich, was der Hörer nicht tun darf, nämlich eine möglichst getreue Übersetzung des symphonischen Materials zu erwarten. Nein, er muss bereit sein, die Nabelschnur zu durchtrennen, das Neugeborene für sich zu entdecken, und nicht zu viel an die möglichen Hintergründe des symphonischen Adagiettos zu denken, sondern sich an den neuen Klängen zu erfreuen, an der Fantasie, mit der Berrut das ursprüngliche Material aufbereitet.
Und wenn ich anfangs glaubte, diese CD sei nur etwas für einen Hörer, der seinen Mahler gut kennt, so kam ich schnell zur Schlussfolgerung, dass selbst das keine Vorbedingung ist. Berruts CD kann sogar was sein für die, die den symphonischen Mahler nicht mögen bzw. für die, die ihn gar nicht kennen und Lust bekommen könnten, ihren Kenntnisstand symphonisch zu erweitern. Ich finde das, was die Pianistin an Mahler-Transkriptionen vorlegt, sehr gut gemacht, pianistisch reich an Dynamik, Farben sowie anderen Nuancen und durchaus spannend.
Dasselbe trifft auf die Paraphrase der Verklärten Nacht zu, die uns hier, wie Béatrice Berrut sagt, wie eine einsätzige Liszt-Sonate präsentiert wird, als großer Klavierwerk, das einen erheblichen Abstand zum Original nimmt und in seiner Leidenschaftlichkeit anders, aber nicht weniger packend wird, wiederum weil die Pianistin und Bearbeiterin die Natur des Klaviers nicht nur kennt, sondern voll ausnutzt. Eminent pianistisch ist das und sehr musikalisch dazu.
Ein weiterer Pluspunkt ist der aufgenommene Klang. Die Aufnahme ist gestochen scharf und, obwohl direkt, doch auch räumlich genug, um nicht trocken zu wirken. Ich hatte den Eindruck, ziemlich nahe am Klavier zu sitzen und dessen Resonanzen voll zu erleben.
Swiss pianist Béatrice Berrut plays works from the period of the penultimate turn of the century in her own arrangements.
She begins with a transcription of the Adagietto from Mahler’s Fifth Symphony and immediately shows what the listener must not do, namely expect a most faithful translation of the symphonic material. No, he must be ready to cut the umbilical cord, to discover the newborn for himself, and not to think too much about the possible background of the symphonic Adagietto, but to enjoy the new sounds, the imagination with which Berrut rehashes the original material.
And if at first I thought this CD was only for a listener who knew his Mahler well, I quickly came to the conclusion that even that is not a prerequisite. Berrut’s CD may even be something for those who don’t like symphonic Mahler or for those who don’t know him at all and later might like to expand their knowledge symphonically. The pianist’s Mahler transcriptions are very well done, pianistically rich in dynamics, colors as well as other nuances and thus quite exciting.
The same is true of the paraphrase of Verklärte Nacht, which is presented, as Béatrice Berrut says, like a one-movement Liszt sonata, as a great piano work that takes a considerable distance from the original and becomes different in its passions but no less gripping, again because the pianist and arranger not only knows the nature of the piano but makes full use of it. Eminently pianistic this is, and very musical to boot.
Another plus is the recorded sound. The recording is crisp and although direct, it is spacious enough not to seem dry. I definitely had the impression of sitting fairly close to the piano and fully experiencing its resonances.