Eine dekomponierte Komposition nannte Adorno diese letzte vollendete Symphonie Gustav Mahlers und bezog sich dabei darauf, dass Motive und Elemente nicht kombiniert und aufgebaut werden, sondern zunächst mehr oder weniger nebeneinander stehen. Andere Aspekte, wie die fallende Sekunde, die Mahler selber mehrfach als ‘Leb wohl’ bezeichnet hat, weisen auf die andere Komponente hin, die von Abschied und Tod, die in dieser Symphonie enthalten sein sollen oder sind. Dazu kommen ungewöhnliche Ausprägungen, wie die Anordnung der schnellen Sätze im Inneren. Insbesondere der erste davon, der Ländler, der Menuett, schnellen Walzer und Ländler in der mahlertypischen derben, täppischen Art verbindet, kann als Totentanz gedeutet werden.
Der Berliner Kurt Sanderling wurde durch politische Umstände nach Russland getrieben und konnte dort seine jahrzehntelange Bindung mit den Leningrader Symphonikern begründen. Später übernahm er das Ost-Berliner Symphonie Orchester und die Dresdner Staatskapelle und agierte als weitgereister Gastdirigent.
Das nunmehr als NDR Elbphilharmonie Orchester auftretende Ensemble aus Hamburg kann nunmehr auch schon auf 70 Jahre Geschichte zurückblicken. Diese Aufnahme liegt allerdings schon länger zurück.
Für diese Interpretation von Mahler haben Dirigent und Orchester alle Register gezogen, um die grellen Farben und auch die Abgründe der Partitur zum Klingen zu bringen. Herausgekommen ist eine ausgezeichnete Interpretation, die nach 30 Jahren im Archiv nunmehr veröffentlicht wird. Die ist so ein Fall, in dem man eigentlich nichts bemängeln kann und muss, aber trotzdem auch nicht bis in die Haarspitzen gekitzelt wird, wie es vielleicht nur in außergewöhnlichen Konstellation, z. B. beim einzigen Konzert Leonard Bernsteins mit den Berlinern, geschieht.