Das Programm dieser neuen ‘Challenge’-SACD ist kein alltägliches: Zwei Violinkonzerte, gewiss, aber nicht die üblichen Schmankerl: Bruch oder Mendelssohn oder Tchaikovsky oder…, sondern Benjamin Britten und Mieczyslaw Weinberg.
Nun, Brittens Violinkonzert von 1939, komponiert in Kanada, spiegelt sehr wohl im mittleren Satz ‘Vivace’, den Schrecken des Pazifisten Britten über den spanischen Bürgerkrieg wider, an den sich für die abschließende ‘Passacaglia’ das neue Grauen vor dem Nazi-Überfall auf Polen anfügt. Natürlich geht Brittens Musik über das hinaus, was die äußere Wirklichkeit in ihm ausgelöst hat, man sollte aber neben der Bewunderung über die kluge Konstruktion, den Sinn für das Melodische, die Virtuosität in der Gestaltung des Soloparts ebenso wie für das Raffinement der orchestralen Gestaltung diesen weltgeschichtlichen Hintergrund nicht vergessen.
Linus Roth, der auf der ‘Dancia’-Stradivarius von 1703 spielt, bietet eine herausragende Interpretation. Hier spielt einer, der nicht nur sein Instrument technisch überlegen beherrscht, sondern einer, der einen unglaublichen Sinn für das Gestalterische hat. So schafft er denn eine makellose solistische Leistung, die der von Lorraine Mac Aslan, Frank Peter Zimmermann, James Ehnes oder auch Janine Jansen ebenbürtig ist. Ein Pluspunkt aber hat diese Aufnahme gegenüber ihren Vorgängerinnen: die Transparenz und Präsenz des Surround-Verfahrens. Wieder einmal kann man sich nur wundern, warum diese Technik nicht allgemein angewandt wird…
Doch nun zum Violinkonzert op. 47 von Weinberg, dem polnischen Juden, der beim deutschen Angriff auf seine Heimat 1939 in die Sowjetunion geflüchtet war und in Shostakovich einen warmherzigen Förderer gefunden hatte! Trotzdem konnte auch der große russische Komponist nicht verhindern, dass Weinberg durch den von Obsessionen getriebenen Stalin verhaftet wurde und nur freikam, weil der Tyrann starb.
Weinbergs viersätziges Violinkonzert entstand 1959, also in der Ära Chruschtschow, und ist Leonid Kogan gewidmet, der es denn auch unter der Stabführung von Kyrill Kondraschin 1961 uraufgeführt hat. Anders als die beiden Violinkonzerte seines Mentors Shostakovich, ist Weinbergs Werk dem Lyrischen sehr stark zugewandt. Es ist eine tonale, überaus angenehm anzuhörende Musik, die Emotionalität mit Expressivität optimal verbindet, zumal Linus Roth, der bereits sämtliche Violinsonaten Weinbergs (mit José Gallardo) eingespielt hat und der auch dem hintergründigen Humor des Werkes seinen Stellenwert einräumt, sich als ein überzeugender Anwalt dieser Musik bestätigt. Im Deutschen Sinfonie-Orchester unter der vorzüglichen Leitung des aus Estland stammenden Mihkel Kütson, der 2006 den deutschen Dirigentenpreis gewann, hat er optimale Partner für seine auch technisch makellose Aufnahme.
Linus Roth is a marvelous performer, technically and musically, both in the Stravinsky and the Weinberg Concerto. The surround sound is gorgeous.