Diese Einspielung der Oper Cenerentola von Gioachino Rossini stammt aus dem Opernhaus in Rom, das versucht, mit neuen Wegen seinen Ruf aufzubessern. Der Inhalt basiert auf dem Märchen Cendrillon, also Aschenputtel, aus der Sammlung von Charles Perrault, es wurden jedoch alle Elemente von Phantastik und Magie entfernt. Die böse Stiefmutter ist hier ein verarmter Adliger. Die Rolle der Fee übernimmt der Lehrmeister des Prinzen, Alidoro. Statt eines Pantoffels muss der Prinz einen Armreifen suchen.
Die Inszenierung liegt hier in den Händen von Emma Dante. Die Sizilianerin thematisiert vor allem Frauengestalten als Opfer einer ungerechten Situation in der Gesellschaft oder Familie. Auch Cenerentola ist für Dante ein Opfer, aber eines, das sich zielgenau zu rächen weiß. Das freundliche Lächeln von Cenerentola kann man als Maske deuten, hinter der Aschenputtel eine Gelegenheit sucht, ihrer boshaften Familie ein Schnippchen zu schlagen. Bei der letztendlichen Hochzeit mit ihrem Prinzen ist auf ihrem Kleid ein Spinnennetz abgebildet. Cenerentola als berechnende Spinne, die aber wenigstens weder ihr Männchen noch die Familie frisst. Dieses Regiekonzept funktioniert. Keiner der Protagonisten zieht Mitleid oder sonstige Gefühle auf sich. Der Eindruck, einem Puppenspiel, bei dem alles bösartig übertrieben, verzerrt, ironisch wirkt, beizuwohnen, entsteht durch die Aufziehschrauben am Rücken und die puppenhaften Bewegungen der begleitenden Mimen. Diese Puppen müssen ständig aufgezogen werden. Von der von Bühnenbildnerin Carmine Maringola wird es einfach und doch üppig mit einer dekorativen, zweistöckigen Rückwand mit zahlreichen Fensterläden, vor die Möbelstücke je nach Bedarf gerollt werden, in Szene gesetzt. So entsteht eine ironische Satire auf Bosheit und Rache.
Die Besetzung sämtlicher Sänger ist durchweg ausgezeichnet. Serena Malfi bewegt sich als Aschenputtel bravourös durch das heikle Koloraturnetzwerk mit den rasanten Tonkaskaden. Juan Francisco Gatell spielt nachvollziehbar den romantisch-verliebten Don Ramiro, der Bariton Vito Priante als witzig-frecher Dandini ist herausragend. Alessandro Corbellis bösartig-speichelleckerischer Don Magifico und die beiden zickigen Schwestern Tisbe, Annunziata Vestri, und Clorinda, Damiana Mizzi, bilden ein stimmlich und schauspielerisch fast perfektes Team. Ugo Guagliardo als Alidoro fügt sich ebenso ein. Der Chor ergänzt das Tableau mit mehr als solider Leistung. Insbesondere in den Ensembleszenen zeigen die Singstimmen eine grandiose Beherrschung der im rasanten Tempo perlenden Dialoge, das ist beeindruckend zum Mitschnippen.
Dass das Orchester nicht ganz mithalten kann, ist eine Schwachstelle. Die für Rossini notwendige Spritzigkeit fehlt weitgehend. Das wird besonders in der einleitenden Sinfonia deutlich, die eher knackig als leicht erklingt, wenn sich auch im Laufe des Abends die Lebendigkeit erhöht.
Surrealistisch inspirierte Kostüme, lebendige Pastelltöne, übertriebene Perücken und weitere Designerdetails tragen zum Vergnügen bei.