Wie Theseus den Faden der Ariadne nutzt, um seinen Weg durch das Labyrinth zu finden, so versucht Marianne Piketty, ihren Weg durch die Zeit zu finden, indem sie Barock und Gegenwart verbindet. Bei ihr sind das Werke des Italieners Pietro Locatelli und des Argentiniers Alex Nante.
Der Geiger und Komponist Locatelli kombinierte italienische Musik mit anderer zum gemischten Stil. Über drei Jahrzehnte war er in Amsterdam heimisch, wo vor allem Kaufleute sein überschaubares Schaffen immer wieder hören wollten.
Alex Nante ist ein noch keine dreißig Jahre alter argentinischer Komponist. In seinen Werken, die von Solo- bis Orchestermusik reichen, schafft er einerseits eine nächtliche, manchmal traumhafte Atmosphäre, andererseits versucht er, in ein spirituelles Reich einzudringen und sich auf heilige Traditionen zu stützen. In diesem Sinne spielen andere Künste in sein Werk, insbesondere die Poesie der Ost- und West-Mystiker.
Auf ihrer Aufnahme vermischt Piketty die Werke von Locatelli und Nante sogar so weit, dass sie einzelne Sätze von Nante in die Stücke von Locatelli einschiebt; teilweise geschieht dies attacca. Dass so ein Vorgehen funktionieren kann, hat Patricia Kopatchinskaja 2014 mit ihrem quartet-lab vorgemacht. Marianne Piketty ist eine kühne Musikvermittlerin, die mit ihrer Zeitreise Ähnliches versucht. Der Unterschied ist, dass die Werke Locatellis und Nantes so unvermittelt aufeinander treffen, dass sie eher gegeneinander stehen als sich aufeinander beziehen. Jedenfalls ist das mein Höreindruck.
Mit den Musikern ihres Ensembles Le Concert Idéal versucht Piketty, einen Traum zu verwirklichen, den sie mit diesem Album konkretisiert. Die Solistin hat keine Mühe, die solistischen Aufgaben gelungen darzustellen. Das Ensemble spielt mit großer Energie und erzeugt einen vollen Klang, der Feinheiten und feingliedrige Gestaltung überspielt.