Die Verpflichtung der französischen Sängerin Annick Massis für die Rolle der Manon war eine exzellente Entscheidung. Auch wenn Massis als reife Frau der Rolle nicht unbedingt entspricht, ist sie stimmlich absolut auf der Höhe. Mit viel Charme, einer exzellenten Aussprache und vokalem Raffinement führt sie uns durch diese tragische Geschichte eines naiven jungen Mädchens, das von der perfekten Liebe träumt. Auch schauspielerisch hat sie die Figur voll im Griff.
Etwas unpassend ist jedoch Alessandro Liberatore, der trotz seiner schönen und hellen italienischen Tenorstimme mit seiner Aussprache eher fehl am Platz ist. Überzeugend sind jedoch Pierre Doyen als Manons Bruder sowie Roger Joakim als Comte des Grieux.
Auch wenn das Orchester unter dem Dirigenten Patrick Davin recht leidenschaftlich musiziert, verhindert der trockene Klang aus den Orchestergraben, dass die Musik Massenets in der nötigen Klangfülle aufblüht. Und damit nicht genug, auch der Bildschnitt der Aufnahme erweist sich als nicht besonders gekonnt. Kameras bewegen sich ab und zu allzu nervös, während gewisse Szenen in einem uninteressanten Winkel gezeigt werden. Wichtige Elemente wie Körpersprache der Protagonisten oder subtile Geschehnisse auf der Bühne bleiben uns leider verborgen.
Die Oper Manon, nach dem zu seiner Zeit als skandalös angesehenen Roman von Abbé Prévost, wird uns vom Regisseur di Pralafera in einer traditionellen Inszenierung gezeigt. Originell ist die Idee, das Werk wie eine Retrospektive von Manons Leben zu erzählen.
Fazit: Diese Produktion von Massenets Manon ist hauptsächlich wegen Annick Massis und der liebevollen Regie interessant. Bildschnitt und Klang sind eher dürftig.