An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert war der Lehrer, Chorleiter, Schriftsteller und Dichter Jakub Jan Ryba auch als Komponist unermüdlich tätig. Sein Werk umfasst ca. 1500 Stücke, von denen aber mehr als die Hälfte nicht überliefert ist. Er war sein Leben lang im Dorf Rozmital ansässig, für dessen Chor er viele Werke schuf, die sowohl für die Gemeinde zugänglich als auch mit musikalisch inspirierter Erfindungskraft gestaltet sind. Ryba hatte auch enge Kontakte nach Pilsen und der dortigen Musikszene. Und sein Werk wurde dort geschätzt. Das brachte ihm die Ehrenbürgschaft und die Unterstützung seines Sohnes im Studium ein. Für diese Bezeugungen bedankte er sich mit rund 100 der Stadt gewidmeten Kompositionen, u.a. mit dem vorliegenden ‘Stabat Mater’.
Bisher bei uns bekannt ist allenfalls seine ‘Böhmische Hirtenmesse’, die in Tschechien untrennbar mit Weihnachten verbunden ist. Mit dem Druck des ‘Stabat Mater’ und seiner Ersteinspielung wird nun dieser Kanon erweitert. Dieses ‘Stabat Mater’, das möglicherweise Rybas bedeutendstes Werk ist, wurde in lateinischer Sprache verfasst, obwohl der Komponist gerne auch seine Muttersprache, das Tschechische, für seine Kompositionen verwendete.
Das Werk zeichnet sich durch stilistische Vielfalt aus. Es beginnt mit einer dramatischen Ouvertüre als Einleitung, in der er die dramatische Situation vor der Kreuzigung Jesus vertont. In den weiteren zwölf Sätzen setzt sich die Variabilität der Gestaltung fort. Es gibt jeweils eine Arie für die vier Solisten, ein Terzett und ein Quartett sowie Chorstücke. Die beiden wesentlichen Stücke sind das ‘Eja mater’, eine wundervoll auskomponierte Sopranarie mit konzertanten Instrumentalbegleitung, sowie das ‘Sancta mater’, bei dem das Terzett von Streichern ohne Bratschen und zwei Hörnern begleitet wird. Eine Besonderheit weist auch das ‘Christe, cum cum sit hinc exire’ auf, in dem das Solistenquartett von einem Bläseroktett unterstützt wird. Erst im Finalsatz ‘Quando corpus’ kommen alle Beteiligten zusammen zum Einsatz.
Die Einspielung dieses bemerkenswerten Stücks erfolgt, abgesehen vom amerikanischen Tenor James Kryshak, mit tschechischen Kräften. Die Sängerinnen und Sänger haben international ihre Fähigkeiten bewiesen und bringen ihre Erfahrungen und Freude an der Musik Rybas mit Energie und Feinfühligkeit ein. Ihre Stimmen harmonieren auch gemeinsam und vermitteln so ein gefälliges Klangbild. Chor und Orchester ergänzen diese lebhafte und stimmungsvolle Interpretation.
Das vom Dirigenten Zdenek Klauda gegründete Ensemble ‘L’Armonia Terrena’ sieht seine Berufung in der Aufführung der Werke böhmischer Klassik, insbesondere neu entdeckter. Das Orchester spielt auf neuen Instrumenten, zieht aber die Erkenntnisse aus der historischen Aufführungspraxis in die Darbietung mit ein. Der Farbenreichtum der Partitur wird detailliert in lebendige Töne umgesetzt.