Zu der Zeit, als er sein Melodrama Enoch Arden schrieb, war Strauss vor allem als Komponist von Tondichtungen bekannt, da er sich mit Werken wie Macbeth, Don Juan und Till Eulenspiegels Lustige Streiche einen Namen gemacht hatte. Enoch Arden wurde ungefähr zeitgleich mit Aus Italien geschrieben.
Wie bei seinen Liedern findet sich auch hier eine sehr anspruchsvolle Klavierbegleitung. Das knapp einstündige Werk in zwei Teilen wurde nie ganz vergessen, blieb aber mehr oder weniger am Rande des Repertoires. Das liegt vielleicht daran, dass es einige sentimental schwer erträgliche musikalische Momente enthält.
Die Handlung beleuchtet den ehemaligen Fischer Enoch Arden, der nach einem Unfall seine Frau Annie und die drei gemeinsamen Kinder verlässt, um als Seemann seine Familie zu ernähren. Er erleidet Schiffbruch und kehrt erst zehn Jahre später zurück. Seine Frau, die ihn für tot hielt, hat nach langer Entscheidungsphase inzwischen ein Kind von seinem alten Freund Philip, den sie auch geheiratet hat. Enoch beschließt, sich weder seiner Frau noch seinen Kindern zu offenbaren, und stirbt an gebrochenem Herzen.
Hier haben sich mit Kirill Gerstein und Bruno Ganz zwei Künstler zusammen getan, die jeder auf seinem Gebiet gelobte Leistungen bietet. Über eine mehrjährige thematische Annäherung und sich daraus entwickelnde künstlerische Freundschaft haben diese Interpreten eine eng ineinander spielende Fassung dieses Werkes geschaffen, die das Zusammengehen von Text und Musik überzeugend gestaltet und doch auch den jeweiligen Partien die volle Freiheit zur Gestaltung lässt. Mit diesem Herangehen bieten sie eine frische Sicht auf dieses Werk, die gleichzeitig große Kunst und persönliche wahrhafte Empfindung bietet.