Die deutsche Mezzosopranistin Christa Ludwig ist am Samstag im Alter von 93 Jahren in Klosterneuburg bei Wien gestorben. Das meldet die österreichische Agentur APA. Christa Ludwig war eine der ganz bedeutenden Sängerinnen des 20. Jahrhunderts, sowohl in der Oper als auch im Lied- und Konzertrepertoire.
1994 hatte sie nach 769 Auftritten in der Wiener Staatsoper ihren Bühnenabschied gefeiert.
Bei den MIDEM Classical Awards (Vorläufer der International Classical Awards, ICMA) in Cannes erhielt sie 2006 nur wenige Wochen vor ihrem 80. Geburtstag den Lifetime Achievement Award.
Die Sängerin, die den Fidelio als ihre Lieblingsrolle bezeichnete (.. »doch es kommt darauf an, wer dirigiert)**, debütierte nach dem Krieg 1946 als Prinz Orlowsky in ‘Die Fledermaus’ in Frankfurt am Main. Die Liebe zur Oper war ihr in die Wiege gelegt worden, denn ihre Eltern waren beide Sänger, und den ersten Gesangsunterricht erhielt Christa Ludwig von ihrer Mutter.
Nach Frankfurt kamen Darmstadt, Hannover und Hamburg, 1956 die Wiener Staatsoper. 1954 errang sie einen großen Erfolg bei den Salzburger Festspielen. Damit hatte die Ludwig die Gelegenheit, regelmäßig ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, und setzte sich fortan als eine der besten Mozart- und Strauss-Sängerinnen ihrer Generation durch. Mit der Zeit sprachen sich ihre künstlerischen Qualitäten auch auf der anderen Seite des Atlantik herum und so wurde das Jahr 1959 zum Jahr ihrer USA-Gastspiele.
Nach den klassischen Mezzosopran-Rollen wandte sie sich Anfang der Sechzigerjahre auch dem dramatischen Sopran zu. Unter Herbert von Karajan war sie in Wien eine umjubelte Lenore in Beethovens Fidelio. 1966 präsentierte sie sich in Bayreuth als Brangäne im Tristan und bald darauf als Kundry im Parsifal (1967).
Sie war damit eine der zentralen Persönlichkeiten ihres Fachs, neben der Oper auch im Konzert (« es gehört wesentlich zu unserm Beruf »). Und im Liedgesang, wo sie es genoss, die Verantwortung allein zu tragen.
Christa Ludwig machte « wahnsinnig gerne » gerne Schallplattenaufnahmen: « Es ist schon etwas Beruhigendes für einen Künstler, dass er das, was er schlecht macht, immer wieder verbessern kann. Allerdings, die eigene Schallplatte ist jeden Künstlers ärgste Konkurrenz. Sie ist der Idealfall, den es im Konzert, in der Oper, beim Liedvortrag kaum geben kann. Deshalb kann ein Hörer, der im Konzert nicht die gleiche Perfektion erlebt, enttäuscht sein. »
1994 veröffentlichte Christa Ludwig ihre Autobiografie ‘Ich wär so gern Primadonna gewesen’, im Jahre darauf verabschiedete sie sich von der Bühne mit der Partie der Klytemnestra aus der Elektra an der Wiener Staatsoper. « Ich war froh, nicht mehr zu singen », sagt sie heute und bedauert « all die armen Leute, die singen müssen, die sich nicht erkälten dürfen, die nicht reden dürfen … » Ihr ganzes langes Sängerleben lang habe sie fast nichts geredet. « Und diese 50 Jahre », sagt sie, « die hole ich jetzt nach und rede, rede wie ein Wasserfall! » Das zeigte sie, als sie 2005 Jahren bei den MIDEM Classical Awards in Cannes eine Laudatio auf ihren Kollegen Dietrich Fischer-Dieskau hielt, der 2005 mit dem Lifetime Achievement Award gewürdigt wurde. Und wenn man sie reden hört, kommt doch ein bisschen Wehmut auf: « … eingebettet zu sein in diese Klangwogen und diesen ‘Schwall von Musik’ zu erleben, der da über einen kommt, das ist toll, das ist das Schönste, was es gibt. Und das ist es, was ich vermisse, wenn ich nicht mehr singe … »
Musik mag sie natürlich immer noch, und sie hört sich auch gerne ihre eigenen Aufnahmen an. Und dann, … »manchmal, wenn ich mir zuhöre, sage ich schon zu mir: Christa, du hast doch ganz schön gesungen! »
Und in Kenntnis dieser Gesangqualität gibt sie dann auch gerne ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiter an die jungen Generationen, mit Unterricht und Meisterkursen.
In einem im August 2007 ausgestrahlten Fernsehgespräch des ORF sagte Christa Ludwig, einer der Gründe, weswegen sie aufgehört habe zu singen war, dass Jessey Norman plötzlich 10 Mal so viel Gage bekommen habe wie sie: « Plötzlich ging es nur noch um Geld und darum geht es heute noch immer. Früher waren wir stolz in Salzburg oder Bayreuth auftreten zu dürfen, mit den besten Dirigenten und Regisseuren, wir haben nicht danach gefragt, was wir verdienen. » Und sie weigert sich verständlicherweise, « jeden neuen Goldesel der Klassik Star zu nennen ».
Der Musikwelt bleibt von der Gesangskunst der Christa Ludwig viele großartige Aufnahmen. Was aber bleibt für sie selber: « Für mich bleibt die Mitwirkung an Verdis Requiem unter Karajan in Epidauros in schönster Erinnerung. Doch auch die Missa Solemnis von gestern war ein überwältigendes Erlebnis ».
**Die Interviewauszüge stammen aus einem Gespräch von Christa Ludwig mit Pizzicato-Mitarbeiter Guy Wagner, mit der Zeitschrift des Wiener Musikvereins und vom ORF.