Mut hat er ja, der Michael Barenboim! Aber das Können hat er auch. Und was dabei herauskommt, kann man hier bestaunen. Schon seine erste CD nur mit Solowerken zeugte von Selbstvertrauen. Damals Bach, Bartók und Boulez. Dieses Mal hat er sich ganz der italienischen Solomusik von Tartini über Paganini und Berio bis zu Sciarrino verschrieben. Damit will er die Entwicklung und Bedeutung dieses Zweigs der Musik skizzieren. Den zeitlichen Beginn macht die Teufelstrillersonate, die er hier in einer Solofassung präsentiert, wobei er in die Geigenstimme Teile der Continuobegleitung ergänzt. Schon hier zeigt sich, obwohl es wohl das technisch einfachste Stück der Auswahl ist, welche Breite an Ausdruck ihm gelingt, die vom Innigen bis zum Extrovertierten.
Über eine Auswahl von Capricen aus Paganinis Feder reicht die Betrachtung von 300 Jahren Musikgeschichte bis zu Berio und Sciarrino. Die technisch nur schwer zu beherrschenden und von Barenboim trotzdem mit lockerer Hand gespielten Werke zeigen, dass er auch bei den höchsten Anforderungen immer noch Reserven hat. Das gibt ihm die Möglichkeit, sich der musikalischen Ausgestaltung zu widmen. Und das ist auch nötig, denn schon Paganini fordert in seinen Capricen alle spieltechnischen Möglichkeiten seiner Zeit heraus. Mit den beiden Werken des vergangenen Jahrhunderts findet die Fortschreibung in heutige Zeiten statt und damit eine weitere Steigerung in den Anforderungen. Barenboim gelingt es auch hier, eine Darstellung zu gestalten, die die Kompositionen von innen her liest und sich damit in die Musik hineinversetzen kann.
So toll und verständlich kann also auch moderne solo Violinmusik klingen!