Was Bachs Cello-Suiten für den Cellisten sind, das sind die Sonaten und Partiten BWV 1001-1006 für den Violinisten. Also ein Must. Was ihre Aufnahmetätigkeit betrifft, hat sich Midori lange Zeit mit Bach gelassen. Erst im Alter von 40 Jahren traute sich die Violinistin an dieses Monument der Violinliteratur heran, und landet sofort einen großen Coup!
Midoris Bach wirkt sehr ausgefeilt und bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Den Improvisationscharakter, der verschiedene andere Gesamtaufnahmen auszeichnet, sucht man hier vergebens. Vielmehr versucht Midori eine stimmige Balance zwischen Architektur, Ausdruck und Klang anzustreben, was ihr auch durchgehend gelingt.
Maximale Durchhörbarkeit und ein klares Interpretationskonzept ohne wesentliche Überraschungen lassen diese Gesamtaufnahme der Sonaten und Partiten wie aus einem Guss erscheinen. Spieltechnisch bewegt sich Midori auf Top-Niveau, verzichtet aber gänzlich auf virtuose Selbstdarstellung. Die japanische Geigerin lässt Bach den Vortritt. Und so können sich diese wundervollen Werke Satz für Satz auf eine sehr natürliche, aber manchmal auch auf eine etwas zu bescheidene Art entwickeln. Sicher, man kann andere, spontanere und spannendere Aufnahmen wie die von Isabelle Faust (meine all-time Favoritin), Hilary Hahn oder Julia Fischer vorziehen, aber Midoris zum Teil strenge und textbezogene Interpretation hat auch ihre Reize.