Im Umfeld von Jascha Heifetz, Fritz Kreisler und Mischa Elman sowie Adolf Busch, Bronislaw Huberman und Joseph Szigeti sowie dem Wunderkind Yehudi Menuhin war es für Nathan Milstein nicht ganz einfach, einen Platz zu finden. Zunächst vor allem als Kammermusiker mit Vladimir Horowitz und Gregor Piatigorsky fand er auch den Weg zu den großen Solokonzerten. Von seinen Auftritten in der Schweiz, so etwas wie seiner zweiten Heimat, können wir nun zwei Werke hören, die sozusagen Teil seines Kernrepertoires waren.
Sein Spiel unterschied sich von dem der anderen dadurch, dass es schlank war und nicht dem sogenannten Stil der russischen Violinschule entsprach. Vielmehr zeichnet sich der zuerst eingespielte Mendelssohn durch flotte Tempi und eine wie durchtrainiert fettfreie wirkende Interpretation aus. Das Konzert von Dvorak war eines seiner oft aufgeführten Paradestücke, dem er anders als viele Kollegen große Aufmerksamkeit widmete. Auch hier kann man vom ersten Ton an seine große Intensität und Präsenz spüren, die seine Auftritte auszeichnete. Seine Version des Dvorak ist eine aufsässige, die das Feuer schürt.
Eine Besonderheit dieser Veröffentlichung ist auch, dass es jeweils die einzige Aufnahme dieser Werke der beiden Dirigenten ist. Während sein ukrainischer Landsmann Igor Markevitch beim Mendelssohn den gleichen musikalischen Ansatz vertritt und damit beide das Werk befördern, mag das nicht unbedingt ein Vorteil bei Dvorak sein. Denn Ernest Ansermet war ein Spezialist für französische Musik, und die slawische war ihm eher fremd. Auch das Orchester spielt unterschiedlich gut.