Irgendwie ist sie romantisch und barock zugleich: die Violinsonate, die Philipp Glass 2008 komponierte, drängt sich dem Hörer unmittelbar auf, und so kann man sie als wichtigen Beitrag des Komponisten zur Kammermusik ansehen. Sie als ‘Glass’ zu identifizieren, fällt nicht leicht, aber der Minimalismus treibt gleich im ersten Satz doch sehr barocke Blüten. Andrea Cortesi lässt sie zu üppigen Verzierungen auswachsen. Der langsame Satz ist von großer melodischer Schönheit und emotional im romantischen Sinn. Noch barocker geht’s im Finalsatz zu, den Cortesi und Venturi sehr verspielt darbieten.
Der Übergang zu Giya Kanchelis ‘Time…and again’ ist ungemein kontraststark. Die Musik besteht aus ganz zarten Passagen, die immer durch brutale Gefühlsausbrüche unterbrochen werden. Diese Reflexion über die Zeit zeigt so die Katastrophen, die mit der Zeit immer wieder über den (oder: die) Menschen hereinbrechen. Oder sind es die gegensätzlichen Erinnerungen an gute und schlechte Zeiten? Das mysteriöse Werk, das schon mehrmals eingespielt wurde, liegt hierin einer spannungsgeladenen, ja elektrisierenden Interpretation vor. Wenngleich Kancheli in seiner Art minimalistisch ist, kehren wir mit ‘Conversio’ des Esten Erkki-Sven Tüür (*1959) wieder zu einem klar identifizierbaren Minimalismus zurück. ‘Conversio’ ist eine Hommage an das irische Fiedelspiel, komponiert auf einen tänzerischen, gälischen Rhythmus, der im Mittelteil aufplatzt und in eine ruckartige Musik übergeht, in der sich die beiden Instrumente erst wieder suchen müssen. Auch in diesem Werk erweisen sich Cortesi und Venturi als Interpreten, die der Musik viel Ausdruckskraft geben.
Expressive and characteristic performances of three major modern violin works being part of the minimal music.