Die Goethe- und die Schillerlieder von Wolfgang Rihm waren eine der ersten Aufnahmen dieses Labels. Auch darum haben sich die beiden Interpreten verdient gemacht. Ihre Auseinandersetzung mit der Welt dieses wohl maßgeblichsten Liedkomponisten unserer Tage hat also eine hochgelobte Vorgängerin. In dieser Aufnahme haben sie sich Lessing, Möricke, Rückert und anderen gewidmet, also im Schwerpunkt der deutschen Romantik. Als Faden durch das Album der von 2006 bis 2015 entstandenen Lieder ziehen sich Verwandlung, Aneignung und Entgrenzung, also auch Begriffe wie Welken und Vergehen oder Verklärung.
Rihm findet solche Werke, die schon wiederholt auch von anderen vertont wurden ebenso wie solchem die bei ihm die erstmalige musikalische Anbindung erfahren. Und in jedem Fall gestaltet er immer einen individuellen Zugang, der die Musik individuell mit den Texten verbindet.
Der Bariton Hans Christoph Begemann und der Pianist Thomas Seyboldt haben neben dem ersten Rihm-Album und Schubert-Liedern nun auch diese Werke zusammen erarbeitet und damit in ihrer seit vielen Jahren erfolgreichen musikalischen Zusammenarbeit wieder einmal Großartiges geleistet. Begemann und Seyboldt zeigen die Lieder in all ihrer Verschiedenheit und Charakterstärke, die sowohl die Intimität als auch die Ausbrüche der Kompositionen hervorheben. Die Werke werden ebenso fein ausgesungen wie auch jedem Lied sein eigener Charakter zugemessen wird.
Begemann verfügt über eine sonor sich anschmiegende und warme Baritonstimme, die er mit klarer Diktion und deutlicher Textverständlichkeit kombiniert. Seine stimmlichen Möglichkeiten scheinen unbegrenzt, was die farblichen und dynamischen Möglichkeiten angeht. Die hervorgestoßenen Akzente werden ebenso sicher wie die Pianos hervorgezaubert. Damit kann der Sänger den Noten alle Nuancen und Ausdrucksfeinheiten aufzeigen.
Sein Klavierpartner Thomas Seyboldt versteht es, sich den gestalterischen Ideen des Sängers zur Seite zu stellen und auch den Partien, die ihn in den Mittelpunkt stellen, gewinnt er zusätzliche Farben und Aspekte für die Darstellung ab.
In dem Zyklus ‘Funde im Verscharrten’ aus der Feder des Schweden Gunnar Ekelöf, den jüngsten Texten in diesem Rahmen, wird das Ensemble zum Trio erweitert, in dem der Sopranistin eine Art Kommentarebene zugedacht ist. Caroline Melzer fügt sich zwanglos ein und behauptet trotzdem eine eigenständige Position, die sie mit überzeugenden Mitteln umsetzt.
So entwickelt die Kombination dieser ausgefeilten Kompositionen mit den engagiert und mit feinsten Mitteln agierenden Künstler eine große narrative Kraft, die trotz der modernen Tonsprache ein mitreißendes Hörerlebnis ermöglicht.